01.12.2015

Popcorn Time für Musik – ein Ende mit Schrecken oder Schrecken ohne Ende? Gericht verbietet „Aurous“.

Das Software-Projekt „Aurous“ versprach kostenlose Musik für alle, überall. Nach vielen Vorschusslorbeeren scheint eine auf massive Urheberrechtsverletzungen gestützte Klage der amerikanischen Musikindustrie das frühe Aus zu bedeuten. Ein Update zu den neuesten Entwicklungen.

Über das Programm „Popcorn Time“ wurde vielerorts berichtet (so auch hier). Mithilfe dieser Software ist es möglich, ohne technische Kenntnisse aktuelle Filme und Serien kostenlos anzusehen. Der Haken: die Nutzung ist illegal, denn jeder Nutzer erhält die Inhalte über das BitTorrent-Netzwerk und verbreitet sie auch gleich wieder in diesem.

Ein Popcorn Time für Musik

Im September wurde erstmals über das Software-Projekt „Aurous“ berichtet, das versprach, ein „Popcorn Time für Musik“ zu sein. Hinter dem Projekt steckt der amerikanische Entwickler Andrew Sampson, der hierfür eigens die Firma „Aurous Group, Inc.“ gründete. Noch bevor die Software überhaupt für die Allgemeinheit zur Verfügung stand, wurde das Projekt in der Filesharing-Gemeinde gefeiert, von Künstlern und der Musikindustrie jedoch mit Argwohn betrachtet. Den Berichten zufolge sollte das Programm es ermöglichen, alle im BitTorrent-Netzwerk verfügbaren Musikinhalte zu durchsuchen, auf dem eigenen PC als Stream abzuspielen oder dauerhaft zu speichern. All diese Nutzungen wären rechtswidrig, da die Verbreitung der Inhalte im BitTorrent-Netzwerk ohne Zustimmung der Rechteinhaber erfolgt.

Sämtliche BitTorrent-Inhalte sollten auf PCs und unterwegs erhältlich sein

„Aurous“ sollte nicht nur auf PCs, sondern auch auf Mobiltelefonen mit iOS oder Android funktionieren. Zu diesem Zweck wurde eigenes eine „Crowdfunding“-Kampagne gestartet, die der Entwickler jedoch bereits nach wenigen Tagen stoppte.

Anbieter greift tatsächlich „nur“ auf russische Server zu

Am vergangenen Samstag wurde die Software erstmals zum Download bereitgestellt. Entgegen den Erwartungen der Nutzer stellte sich jedoch heraus, dass „Aurous“ nicht das BitTorrent-Netzwerk nutzt, um Inhalte zu beschaffen. Der Entwickler erklärte, „Aurous“ beziehe die Inhalte von hunderten verschiedenen Quellen, die nach seinen Angaben auch lizenziert seien, weswegen er keine Angst vor der Musikindustrie habe. Tatsächlich griff die Software jedoch ausschließlich auf die Bestände von drei russischen Download-Seiten zu, die über keinerlei Lizenzen verfügen.

Nach drei Tagen: Klage der US-Musikindustrie

Die amerikanische Musikindustrie nahm dies zum Anlass, bereits drei Tage nach Veröffentlichung der Software Klage gegen Andrew Samspon und die Aurous Group, Inc. zu erheben. Sie verlangte die sofortige Einstellung des Dienstes und Schadensersatz für eine zunächst geringe Anzahl von Tonaufnahmen, die mittels der Software rechtswidrig verbreitet wurden.

Noch am Mittwoch gab sich Sampson auf seinem Twitter Account kämpferisch und kündigte an, zu kämpfen und zu gewinnen. Seine Rechtsberater würden daran arbeiten, Aurous‘ Platz im „Musik-Ökosystem“ zu erhalten, die Nutzer könnten beruhigt sein, da es Aurous noch lange geben würde.

Keine 24 Stunden später schaltete Samspon sowohl die Downloadmöglichkeit für die Software, als auch die Musik-Streaming- und –downloadfunktion von „Aurous“ ab.

Gericht aus Florida gibt Eilantrag statt

Der Richter Jose E. Martinez am „Southern District Court of Florida“ hat dem Eilantrag der Kläger stattgegeben und so ein sofortiges Vertriebsverbot für die Software verhängt. Am 28.10.2015 soll eine mündliche Verhandlung stattfinden.

(Aurous Temporary Restraining Order)

In der Vergangenheit dauerte es oft Jahre, bis derartige rechtsverletzende Dienste vor Gericht zur Verantwortung gezogen wurden (so z.B. im Fall „Napster“ oder „Grokster“). Das aber gab den Nutzern solcher Dienste Gelegenheit, millionenfach Urheberrechte zu verletzen und sich Inhalte zu beschaffen, ohne dass die Künstler oder deren Labels irgendeine Vergütung erhielten. Das äußerst schnelle Vorgehen der amerikanischen Musikindustrie nach dem Motto „wehret den Anfängen“ stellt sich als deutlich effektivere Strategie dar.

Update:

Bei dem bisherigen Verbot handelte es sich um eine sog. „temporary restraining order (TRO)“, also einen Beschluss im Eilverfahren. Dieser hat im US-Prozessrecht nur 14 Tage lang Wirkung. Nunmehr liegt auch ein Ergebnis in der Hauptsache vor.

Danach wurde der Entwickler von „Aurous“ verurteilt, 3 Mio US-Dollar Schadensersatz an die Kläger zu zahlen. Ihm wird ferner der Betrieb der Webseite sowie die (Weiter-)Entwicklung der Software oder eines gleichartigen Projekts untersagt. Die RIAA zeigt sich verständlicherweise erfreut über das Ergebnis. RIAA Chairman & CEO Cary Sherman sagte:

“Aurous appropriately agreed to shut down. It was the right thing to do. We hope this sends a strong signal that unlicensed services cannot expect to build unlawful businesses on the backs of music creators.”

Andrew Sampson, der Entwickler der Software, scheint das Unrecht seiner Handlungen bis heute nicht einsehen zu wollen. So äußert er in einem Blogeintrag, nun sei der Gesetzgeber gefragt, da es nicht angehen könne, dass „Teenager und Studenten“ mit hohen Forderungen konfrontiert würden, die aus Handlungen entstehen, deren Reichweite und Bedeutung ihnen nicht klar war. Angesichts der Tatsache, dass Sampson die Kläger aus der Musikindustrie noch nach Zugang der außergerichtlichen Aufforderung, seine Handlungen einzustellen, öffentlich via Twitter verhöhnt hat, erscheint dies als verzweifelter Versuch, die Schuld nach wie vor bei anderen zu suchen. Dafür spricht auch, dass Sampson in demselben Blogbeitrag fälschlich behauptet, seine Software hätte lediglich auf Webseiten wie YouTube oder SoundCloud zugegriffen. Tatsächlich bezogen Nutzer die Musik von unlizensierten Quellen aus Russland, was Samspon als Entwickler sehr wohl bekannt ist.

Von: Rechtsanwalt Mirko Brüß

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