16.05.2014

BGH: Screen Scraping von Flugdaten nicht wettbewerbswidrig

Werden Flüge mittels Screen Scraping vermittelt, verstößt dies nicht gegen das Wettbewerbsrecht. Es fördert vielmehr die Preistransparenz und erleichtert die Suche nach einer günstigen Flugverbindung (Bundesgerichtshof (BGH) am 30.04.2014, Az.: I ZR 224/12).

Das von einer Flugvermittlungsgesellschaft erfolgte automatisierte Abrufen von Daten einer fremden Internetseite zur Verwendung auf der eigenen Internetseite (sogenanntes „Screen-Scraping“) stellt nicht ohne Weiteres eine wettbewerbswidrige Behinderung dar. Dies hat der BGH am 30.04.2014 (Az.: I ZR 224/12) entschieden.

Nach einer Gesamtabwägung der Interessen der Mitbewerber, Verbraucher und der Allgemeinheit führt das sogenannte „Screen-Scraping“ im konkreten Fall nicht dazu, dass die wettbewerbliche Entfaltungsmöglichkeit des Mitbewerbers in unlauterer Weise eingeschränkt wird.

Die Klägerin, eine Fluggesellschaft, bietet ihre Flüge nebst Zusatzleistungen wie Hotelaufenthalte und Mietwagenreservierungen ausschließlich über ihre Internetseite und ihr Callcenter an. Nach ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die jeder Kunde bei der Buchung über ihre Internetseite durch Ankreuzen akzeptieren muss, ist es untersagt ein automatisiertes System oder eine Software zum Herausziehen von Daten ihrer Internetseite einzusetzen, um dies auf einer anderen Internetseite anzuzeigen. Die Beklagte, eine Flugvermittlungsgesellschaft, ermöglicht es Kunden über ihr Internet-Portal Flüge verschiedener Fluggesellschaften online zu buchen. Wählt der Kunde in der Suchmaske der Beklagten eine Flugverbindung aus, werden die erforderlichen Daten automatisch von der Internetseite der Fluggesellschaft, im Streitfall von der Klägerin, abgerufen. Für die erfolgreiche Vermittlung erhebt die Beklagte beim Kunden zusätzliche Gebühren.

BGH: Screen Scraping kein unlauterer Schleichbezug


In seiner Pressemitteilung Nr. 69/14 vom 30.04.2014 verneint der BGH eine wettbewerbswidrige Behinderung der Klägerin gemäß § 4 Nr. 10 UWG. Erforderlich sei eine Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeit, die über die mit jedem Wettbewerb verbundene Beeinträchtigung hinausgehe und bestimmte Unlauterkeitsmomente aufweise. Schon in der Vergangenheit hatte der BGH entschieden, dass dies letztlich eine Würdigung der Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung des Schutzzwecks des Lauterkeitsrechts voraussetze (BGH, Urteil vom 11.01.2007, Az. I ZR 96/04 „Außendienstmitarbeiter“). Es sei hier eine Gesamtabwägung der Interessen der Mitbewerber, der Verbraucher sowie der Allgemeinheit vorzunehmen. Allein der Umstand, dass sich die Beklagte über den von der Klägerin in ihren Geschäftsbedingungen geäußerten Willen hinwegsetze, keine Vermittlung von Flügen im Wege des sogenannten „Screen-Scraping“ zuzulassen, führe nicht zu einer wettbewerbswidrigen Behinderung, so der BGH.

BGH: Screen Scraping nicht vergleichbar mit technischen Schutzvorrichtungen

Dies sei nicht gleichzusetzen mit der Überwindung einer technischen Schutzvorrichtung, mit der ein Unternehmen verhindert, dass sein Internetangebot durch übliche Suchdienste genutzt werden kann. Auch würden die Interessen der Klägerin nicht die der Beklagten überwiegen. Durch das Geschäftsmodell der Beklagten falle es dem Kunden leichter günstige Flugverbindungen zu finden. Das fördere die Preistransparenz auf dem Markt. Die Interessen der Klägerin, dass die Verbraucher ihre Internetseite direkt aufsuchen und die dort eingestellte Werbung und die Möglichkeit zur Buchung von Zusatzleistungen zur Kenntnis zu nehmen, wögen nicht schwerer. Dass die Klägerin durch das Verhalten der Beklagten ihre Leistungen am Markt durch eigene Anstrengungen nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen kann, sei nicht anzunehmen.

BGH: Vorinstanz muss Anspruch wegen Irreführung prüfen


Gegen das Vorgehen wandte sich die Klägerin zunächst erfolglos mit einer Unterlassungsklage an das Landgericht Hamburg (Urteil vom 26.02.2010, Az. 310 O 31/09). Auf die Berufung der Klägerin verurteilte das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg die Beklagte wegen unlauteren Schleichbezugs gemäß § 4 Nr. 10 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) auf Unterlassung (Urteil vom 24.10.2012, Az. 5 U 38/10). Hiergegen legte die Beklagte Revision beim BGH ein. Der BGH hat das Berufungsurteil nun aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurückgewiesen. Eine genaue Analyse des BGH-Urteils wird erst nach Vorliegen der Entscheidungsgründe möglich sein. Das OLG Hamburg wird jedenfalls zu prüfen haben, ob das Verhalten der Beklagten wegen Irreführung als unlauter einzustufen ist.

Von: Rechtsanwalt Benedikt Adams, LL.M.

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