BGH: Prüfpflichten von Bewertungsportalen
Bewertet ein anonymer Nutzer eines Bewertungsportals einen Arzt als nicht empfehlenswert, hat der Betreiber des Portals die Beschwerde des Arztes gegen die schlechte Bewertung dem Nutzer zu übersenden und aufzufordern, den Behandlungskontakt möglichst genau zu beschreiben und Belege für die Behandlung vorzulegen. Die Belege und Stellungnahmen hätte der Bewertungsportalbetreiber dem Arzt - im nach § 12 Abs. 1 TMG zulässigen Rahmen – zur eigenen Prüfung vorlegen müssen.
Der auch für Persönlichkeitsrechtsverletzungen zuständige sechste Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte in seiner Entscheidung vom heutigen Tage (Az.: VI ZR 34/14) vorab klargestellt, dass die Bewertung eines Nutzers keine eigene „Behauptung“ des Portalbetreibers sei (in diesem Fall war es www.jameda.de), denn dieser würde sie sich nicht zu eigen machen. Der Portalbetreiber hafte nur dann, wenn er zumutbare Prüfpflichten verletzt habe, deren Umfang sich nach den Umständen des Einzelfalls richteten. Maßgebliche Bedeutung käme dabei dem Gewicht der beanstandeten Rechtsverletzung, den Erkenntnismöglichkeiten des Portalbetreibers sowie der Funktion des vom Portalbetreiber betriebenen Dienstes zu. Hierbei dürfe einem Diensteanbieter keine Prüfungspflicht auferlegt werden, die sein Geschäftsmodell wirtschaftlich gefährdet oder seine Tätigkeit unverhältnismäßig erschwert. Der BGH hat die Sache zur weiteren Erkenntnisgewinnung an das OLG Köln (Vorinstanz Urteil vom 16.12.2014 Az.: 15 U 141/14) zurückverwiesen.
Bewertungsportalbetreiber können sich damit nicht mehr so einfach aus der Verantwortung stehlen. Nach Kenntnis von Rechtsverletzungen obliegen ihnen – einzelfallbezogene – Prüfpflichten, denn der Betrieb eines Bewertungsportals trägt im Vergleich zu anderen Portalen von vornherein ein gesteigertes Risiko von Persönlichkeitsrechtsverletzungen in sich.
Einen Auskunftsanspruch zur Identifizierung des Schädigers gegen den Portalbetreiber gibt es aber deswegen immer noch nicht – der Gesetzgeber hat bislang noch nicht nachgebessert. Rasch Rechtsanwälte hatten darüber berichtet: http://www.raschlegal.de/aktuelles/justiz-sind-die-haende-gebunden-bgh-vermisst-gesetzlichen-auskunftsanspruch-zur-identifizierung-eines-schaedigers-bei-persoenlichkeitsrechtsverletzungen/
Zur Pressemitteilung 049/2016 des BGH vom 1.3.2016: http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&nr=73851&linked=pm
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