29.10.2015

Neues Elektrogerätegesetz in Kraft getreten

Am 24.10. ist das neue Elektro- und Elektronikgerätegesetz (ElektroG) in Kraft getreten. Es setzt verspätet die Neufassung der WEEE-Richtlinie ins deutsche Recht um. Rasch Rechtsanwälte geben einen Überblick über die wichtigsten Änderungen.

Was ist das ElektroG?

Mit der WEEE-Richtlinie (Waste Electrical and Electronic Equipment) regelt die EU die Herstellerverantwortung für in Verkehr gebrachte Elektrogeräte. Sinn ist, dass Elektro-Altgeräte und die in ihnen enthaltenen Roh- und Schadstoffe nicht in den Hausmüll gelangen, sondern der Wiederverwertung zugeführt werden.

Diese abfallrechtliche Verpflichtung wird in Deutschland von einer eigens geschaffenen Stiftung verwaltet, der Stiftung Elektro-Altgeräteregister (Stiftung EAR). Alle Hersteller sind verpflichtet, sich dort zu registrieren und monatlich die in Verkehr gebrachten Gerätemengen zu melden. Ihnen werden dann nach internen Berechnungen der Stiftung EAR Container mit Altgeräten zur Entsorgung zugewiesen. Jeder Hersteller bekommt eine WEEE-Nummer zugewiesen, mit der man ihn in dem Register der Stiftung EAR finden kann.

Hersteller im Sinne des ElektroG ist jedoch nicht nur derjenige, der ein Gerät selbst fertigt oder fertigen lässt und unter seinem Namen hierzulande anbietet, es ist auch derjenige, der sich durch Aufbringen seiner Marke als Hersteller ausgibt (sofern nicht auch der Name des „eigentlichen“ Herstellers auch auf dem Gerät erscheint). Auch der erstmalige Importeur nach Deutschland (auch aus anderen EU-Ländern) gilt als Hersteller. Schließlich können auch Händler die Herstellerpflichten treffen, und zwar dann, wenn sie schuldhaft Geräte eines nicht bei der Stiftung EAR registrierten Herstellers anbieten – oder nach der Neufassung Geräte eines Herstellers, dessen Bevollmächtigter nicht oder nicht ordnungsgemäß registriert ist. Als Hersteller gelten auch Fernabsatzhändler mit Sitz im Ausland, die Elektrogeräte direkt Endverbrauchern in Deutschland anbieten.


Jedes hierzulande verkaufte Elektrogerät muss einen Hersteller erkennen lassen (vgl. BGH Urteil I ZR 224/13 vom 09.07.2015). Geräte ohne eingetragenen Hersteller oder Bevollmächtigten sind nicht verkehrsfähig und für sie gilt ein Vertriebsverbot (§ 6 Abs. 2 ElektroG).

Die Neuerungen


Das alte ElektroG galt seit dem 13.08.2005. Die WEEE-Richtlinie wurde 2012 neu gefasst und musste bis Februar 2014 ins nationale Recht umgesetzt werden. Für Hersteller, Händler, aber auch für Verbraucher kommen jetzt neue Pflichten hinzu.

1.     Was gilt für Verbraucher?

Verbraucher dürfen schon jetzt Elektro-Altgeräte, die mit dem Symbol der durchgestrichenen Mülltonne gekennzeichnet sind, nicht über den Hausmüll, sondern nur über die kommunalen Sammelstellen entsorgen. Künftig können sie Altgeräte auch bei bestimmten Händlern entsorgen (dazu unten Nr. 6). Neu ist, dass vor der Entsorgung Batterien und nicht fest verbaute Akkus herausgenommen werden müssen.

2.     Vorverlagerung der Herstellerpflichten


Die Registrierungs-, Melde- und Rücknahmepflichten gelten nur für Hersteller. Zum Hersteller kann man nach der Neufassung schon durch das bloße „Anbieten“ eines Geräts werden; das ist zum Beispiel ein Kaufangebot in einem Katalog oder Internetshop. Im Gegensatz zur früheren Rechtslage ist nicht mehr erforderlich, dass ein Gerät konkret an einen Käufer oder Weiterverkäufer abgegeben wird. Es werden allerdings nur Kaufangebote im Rahmen einer gewerbsmäßigen Tätigkeit erfasst. Ziel: Privatverkäufe sollen für den Verkäufer keine Pflichten nach dem ElektroG mit sich bringen.

3.     Weitere Gerätearten


Mit der Neufassung erstreckt sich der Anwendungsbereich des ElektroG auf weitere Gerätearten. Hinzu kommen u.a. Nachtspeicher-Heizgeräte, ölgefüllte Radiatoren, Wecker, Armbanduhren, Photovoltaikmodule, Leuchten in Haushalten, LED-Lampen und auf 25 km/h reduzierte Pedelecs (Fahrräder mit elektrischem Hilfsantrieb bis 250 Watt ohne Typenzulassung). Für Leuchten und Photovoltaikmodule gilt eine Übergangsfrist von vier Monaten.

Mit Ablauf einer weiteren Übergangsfrist bis zum 14.08.2018 werden schließlich sämtliche Elektrogeräte von dem Gesetz erfasst („offener Anwendungsbereich“). Dann werden die Kategorien der Geräte neu gegliedert. Ausgenommen bleiben u.a. Glühlampen, militärisches und medizinisches Gerät, Maschinen und bestimmte ortsfeste Großanlagen und Großwerkzeuge.

4.     Die Figur des Bevollmächtigten


Die EU möchte, dass alle Hersteller in dem betreffenden Mitgliedsstaat, in den sie verkaufen, niedergelassen sind, damit die Behörden einen inländischen Ansprechpartner haben (Erwägungsgrund 8 der WEEE-Richtlinie). Ausländische Fernabsatzhändler können jetzt nicht mehr als ausländische Hersteller bei der Stiftung EAR registriert sein. Haben sie keine Niederlassung in Deutschland, müssen sie binnen sechs Monaten eine Niederlassung gründen oder einen so genannten Bevollmächtigten einschalten. Bevollmächtigter kann nach der WEEE-Richtlinie eine natürliche oder juristische Person sein. Der Bevollmächtigte ist dafür verantwortlich, dass der Hersteller seinen Pflichten nach dem ElektroG nachkommt und ist „potentieller Adressat der Ordnungswidrigkeitenverfolgung“ (BR-Drs. 127/15, S. 119).
Auch wer von Deutschland aus ins EU-Ausland an Endnutzer verkauft, braucht einen dort registrierten und niedergelassenen Bevollmächtigten.

5.     Angabe der WEEE-Nummer

Hersteller mussten die WEEE-Nummer bislang im schriftlichen Geschäftsverkehr angeben. Nach der alten Gesetzesbegründung galt das z.B. auf Angebotsschreiben oder Lieferscheinen, nach gängigen Kommentaren genügte die Angabe auf Auftragsbestätigungen und Rechnungen. Neu ist, dass die WEEE-Nummer jetzt schon „beim Anbieten und auf Rechnungen“ geführt werden muss. Da zum „Anbieten“ auch Kaufangebote wie in Katalogen und Internetshops zählen, wird man die WEEE-Nummer zumindest auch im Impressum, in den AGB oder an vergleichbarer Stelle angeben müssen.

6.     Rücknahmepflichten für Händler


Neu ist, dass jetzt auch Händler unter bestimmten Voraussetzungen Altgeräte zurücknehmen müssen:

Händler mit einer Verkaufsfläche von mindestens 400 Quadratmetern sind verpflichtet, beim Verkauf eines Elektrogeräts ein Altgerät „der gleichen Geräteart“ kostenlos zurückzunehmen („1-zu-1- Rücknahme“). Das Altgerät muss nur „im Wesentlichen“ die gleichen Funktionen haben, d.h. wer einen BluRay-Player verkauft, muss auch ein VHS-Gerät zurücknehmen etc..

Außerdem sind solche Händler verpflichtet, in haushaltsüblichen Mengen Kleingeräte auch ohne Verpflichtung zum Kauf eines Neugeräts kostenlos zurückzunehmen („0-zu-1- Rücknahme“). Kleingeräte dürfen an keiner Seite größer als 25 cm sein.

Diese Pflichten gelten auch für den Versandhandel. Hier bezieht sich die Mindestfläche von 400 Quadratmetern auf die gesamte Lager- und Versandfläche des Händlers. Versandhändler müssen in zumutbarer Entfernung zu den Kunden „geeignete Rückgabemöglichkeiten“ schaffen. Zusätzlich zur Rücknahme können sie den Käufern anbieten, deren Altgeräte gegen Entgelt abzuholen.

Händler, die zur Rücknahme verpflichtet sind, müssen innerhalb von neun Monaten Rücknahmestellen einrichten und an die Stiftung EAR melden; die Rücknahmestellen dürfen nicht bei den Recyclinghöfen liegen.

7.    Rücknahmepflicht für Hersteller


Die Kommunen als Betreiber der Recyclinghöfe und – wie eben dargestellt – Händler mit einer Verkaufsfläche über 400 Quadratmetern müssen nur Altgeräte aus privaten Haushalten zurücknehmen. Altgeräte anderer Herkunft, z.B. aus gewerblicher Nutzung (außer solche, die schon vor dem 13.08.2005 in den Verkehr gelangt sind) können dagegen weiterhin bei den Herstellern zurückgegeben werden. Die Hersteller müssen dafür ein eigenes Entsorgungssystem zur Verfügung stellen. Für „historische Altgeräte“,  die vor dem 13.08.2005 in den Verkehr gelangt sind und nicht aus privaten Haushalten stammen, müssen die Besitzer selbst die Entsorgung sicher stellen.

8.     Neue Meldepflicht


Händler und Hersteller müssen nun auch die von ihnen direkt zurückgenommenen Geräte an die Stiftung EAR melden.

9.    Neue Hinweispflichten – auch für rücknahmepflichtige Händler und Bevollmächtigte


Auch rücknahmepflichtige Vertreiber (Händler mit einer Verkaufsfläche über 400 Quadratmeter) und Hersteller müssen Verbraucher ab sofort darüber informieren

- dass sie Altbatterien und – akkus aus den Geräten nehmen müssen,

- über die von ihnen geschaffenen Rücknahmestellen informieren

- und ihnen die Bedeutung des Symbols der „durchgestrichenen Mülltonne“ erklären. Im Fall der Bevollmächtigung müssen auch die Bevollmächtigten diese Informationen bereitstellen.

Vertreiber, die keine Rücknahmepflicht haben, müssen Verbraucher „nur“ über die von ihnen (ggf. freiwillig) geschaffenen Rücknahmestellen informieren.

10.     Neue Ordnungswidrigkeiten-Tatbestände    

In § 45 Abs. 1 Nr. 2, 7, 8, 13 und 14 ElektroG sind neue Bußgeldvorschriften hinzugekommen. Wer es versäumt, der zuständigen Behörde den Bevollmächtigten oder Änderungen mit Blick auf den Bevollmächtigten unverzüglich zu melden, muss mit einem Bußgeld bis zu 100.000 Euro rechnen. Neu ist, dass auch verfolgt werden kann, wer Geräte nicht oder nicht richtig kennzeichnet (§ 45 Abs. 1 Nr. 8 in Verbindung mit § 9 ElektroG).

Von: Rechtsanwalt Martin Bolm

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