02.05.2012

AG Chemnitz: Betreiber eines Sharehosters zu 1 Jahr 6 Monaten auf Bewährung verurteilt

Das Amtsgericht (AG) Chemnitz hat mit rechtskräftigem Urteil vom 26.03.2012 den Betreiber eines Sharehosters zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Stafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Daneben muss der Verurteilte EUR 1.800,00 an eine gemeinnützige Einrichtung zahlen (AG Chemnitz, Urteil v. 26.03.2012, Az. 14 Ds 940 Js 2020/08).

Rasch Rechtsanwälte hatten im Auftrag der vier großen Tonträgerhersteller Strafanzeige erstattet.

Auf dem vom Angeklagten administrierten Speicherplatz waren 43.046 urheberrechtlich geschützte Musikalben, 23.564 Filme, 50.510 Pornofilme, 1.712 Bücher, 4.083 Softwareprogramme sowie 3.239 Computerspiele zum Download per Direktlink von ihm selbst und Dritten widerrechtlich zur Verfügung gestellt worden.
 
In dem Verfahren blieben die erheblichen Urheberrechtsverletzungen im Fokus der Strafverfolgung und nicht die ebenfalls vom Angeklagten begangenen Straftaten der Beihilfe zur Verbreitung pornographischer Schriften (§§ 184 I, Nr. 1, 27 StGB), tierpornographischer Schriften (§§ 184a, 27 StGB) und des Betruges gemäß § 263 StGB, von deren Verfolgung abgesehen wurde.
 
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass sich der Angeklagte durch den mit weiteren unbekannten Dritten betriebenen Sharehoster „Filefox“ und insbesondere durch die Administration der Internetseiten www.rmx4u.com und www.filefox.in wegen der gewerbsmäßigen Beihilfe zur unerlaubten Verwertung  urheberrechtlich geschützter Werke strafbar gemacht hat.
 
Das Urteil ist für die strafrechtliche Beurteilung des Betriebs von Sharehostern und Foren mit von „Nutzern“ eingestellten urheberrechtlich geschützten Inhalten Dritter von Bedeutung. Das AG Chemnitz erkannte hier sowohl auf eine Strafbarkeit der einzelnen die Rechte Dritter verletzenden Nutzer als auch auf eine Strafbarkeit des Sharehoster- bzw. Linkboard-Betreibers Christoph K. wegen der gewerbsmäßigen Beihilfe zur Begehung von Urheberrechtsverletzungen.
 
Die Entscheidung des AG Chemnitz ist geeignet, der in der Öffentlichkeit teilweise vertretenen Ansicht, dass der Betrieb eines Sharehosters in den meisten Fällen lediglich einen neutralen technischen Service zur Datensicherung für zumeist rechtmäßig handelnde Privatnutzer bereitstellt, entgegenzutreten.

In der Urteilsbegründung wird ausdrücklich festgestellt, dass es sich bei den über den Sharehoster angebotenen Dateien in weit überwiegender Zahl um widerrechtlich eingestellte urheberrechtlich geschützte Werke gehandelt hat. Dies bestätigt auch die Erfahrung der Strafanzeigenerstatter und anderer Rechteinhaber, die seit Jahren unter erheblichem finanziellen und organisatorischen Aufwand auch bei legal betriebenen Sharehosting-Diensten wie „Rapidshare“ rechtsverletzende Download – Links zu geschützten Inhalten löschen lassen müssen.
 
Insofern liefert das Urteil auch im Zusammenhang mit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs zum Sharehoster Rapidshare vom 12.07.2012 (Az. I ZR 18/11) und der Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamburg vom 02.07.2008 (Az. 5 U 73/07) auch in zivilrechtlicher Hinsicht gute Argumente, den Betreibern von Sharehostern und Linkforen hinsichtlich nutzergenerierter Inhalte strenge Prüfpflichten aufzuerlegen. 

Entscheidung im Volltext:

Von: Knut Stenert

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