24.07.2013

OLG Hamburg: Fehlende Datenschutzbelehrung ist Wettbewerbsverstoß

Das Oberlandesgericht Hamburg hat mit Urteil vom 27. Juni 2013 (Az. 3 U 26/12) entschieden, dass ein Webseitenbetreiber, der bei den Nutzern einer Internetseite personenbezogene Daten erhebt, ohne dabei – wie es § 13 Abs. 1 Telemediengesetz (TMG) verlangt – die Nutzer zuvor in allgemein verständlicher Form über Art, Umfang und Zweck der Erhebung der Daten und deren Verwendung zu informieren, seinen Wettbewerbern gegenüber zur Unterlassung verpflichtet ist.

Damit ist es nicht nur Aufsichtsbehörden und Betroffenen, sondern auch Wettbewerbern möglich, in diesem Punkt rechtskonformes Verhalten durchzusetzen, indem sie das Fehlverhalten kostenpflichtig abmahnen, also den Datenschutzverletzer dazu auffordern, zu erklären, dass er das beanstandete Verhalten unterlässt und bei Verstoß gegen dieses Versprechen eine Vertragsstrafe an seinen Wettbewerber zahlt.

Einstweilige Verfügung

Die Antragsgegnerin vertreibt Blutzuckermessgeräte für Diabetiker. Sie hatte Verbrauchern im Internet und per Postsendung angeboten, ein solches Gerät kostenlos auszuprobieren und es unter bestimmten Voraussetzungen auch zu behalten. Die Antragstellerin, eine Wettbewerberin der Antragsgegnerin, hielt diese Werbemaßnahmen aus verschiedenen Gründen für unrechtmäßig - unter anderem, weil Nutzer, die ein Blutzuckermeßgerät erhalten wollten, sich auf der für die Werbung geschalteten Internetseite registrieren konnten, dabei aber nicht über Art, Umfang und Zweck der Erhebung und Verwendung der bei der Registrierung einzugebenden Daten informiert wurden.

Die Antragstellerin erwirkte beim Landgericht Hamburg eine einstweilige Verfügung gegen die Werbemaßnahmen, die das Landgericht im Widerspruchsverfahren durch Urteil bestätigte. Gegen dieses Urteil wandte sich das Unternehmen mit seiner Berufung zum Oberlandesgericht. Die Berufung blieb jedoch erfolglos.

Datenschutzrechtliche Informationspflicht ist Marktverhaltensregelung

Das Oberlandesgericht stellte fest, dass die Antragstellerin einen Unterlassungsanspruch gegen die Antragsgegnerin hatte. Ein Verstoß gegen die Informationspflichten des § 13 Abs. 1 TMG lag unstreitig vor und war der Antragsgegnerin auch zuzurechnen. Fraglich war aber, ob Wettbewerber aus einem solchen Verstoß Rechte nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) ableiten können. Nicht jeder Rechtsverstoß eines Mitbewerbers löst einen Unterlassungsanspruch aus, sondern nur Verstöße gegen solche Vorschriften, die (auch) dazu bestimmt sind, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln (§ 4 Nr. 11 UWG). Das Kammergericht in Berlin hatte in seinem Beschluss vom 29.04.2011 (Az. 5 W 88/11) den Informationspflichten nach § 13 Abs. 1 TMG noch abgesprochen, eine Marktverhaltensregelung zu sein.


Dagegen wandte sich nun das Oberlandesgericht Hamburg und wies zur Begründung darauf hin, dass § 13 Abs. 1 TMG eine Umsetzung von Art. 10 der europäischen Datenschutzrichtlinie 95/46/EG in nationales Recht sei. Diese Richtlinie soll nach ihren Erwägungsgründen gerade nicht nur individuellen Datenschutz gewährleisten, sondern auch Hemmnisse für eine grenzüberschreitende Übermittlung personenbezogener Daten beseitigen und dadurch Verfälschungen des Wettbewerbs begrenzen, indem sie in den Mitgliedsstaaten ein einheitliches Datenschutzniveau schafft. Damit dient auch § 13 Abs. 1 TMG der Umsetzung dieser Ziele und erfüllt die Vorausetzungen einer Marktverhaltensregelung. Ein Verstoß gegen die dort geregelten datenschutzrechtlichen Informationspflichten ist deswegen gleichzeitig ein Wettbewerbsverstoß und kann somit nicht nur von den datenschutzrechtlichen Aufsichtsbehörden geahndet werden, sondern auch von Wettbewerbern mittels der Rechtsinstitute der Abmahnung bzw. einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden.

Rechtsprechung im Wandel

Angesichts der stetig zunehmenden Nutzung von personenbezogenen Daten in der Datenverarbeitung hat die Durchsetzung datenschutzrechtlicher Regelungen immense wirtschaftliche Bedeutung. Wie schon die Entscheidungen des Oberlandesgerichts Hamburg und des Kammergerichts in Berlin zeigen, ist jedoch die Frage, ob datenschutzrechtliche Normen Marktverhaltensregelungen sind, in der obergerichtlichen Rechtsprechung umstritten. So sahen beispielsweise die Oberlandesgerichte Naumburg (1 U 17/03), Köln (6 U 73/10), Stuttgart (2 U 132/06) und Karlsruhe (6 U 38/11) datenschutzrechtliche Regelungen als Marktverhaltensregelungen, während die Oberlandesgerichte München (29 U 3926/11), Frankfurt a.M. (6 U 168/04) und Düsseldorf (I-7 U 149/03) dies abgelehnt haben. Eine höchstrichterliche Klärung steht derzeit noch aus, die mit Spannung erwartete Revision (BGH I ZR 224/10) gegen die zuvor genannte Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln ist beim Bundesgerichtshof nicht mehr anhängig. Wir beraten Sie gern.

Von: Christian Braune

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