30.04.2015

Newsletter 02/ April 2015

Eine neue Ausgabe des Newsletters: Wir informieren Sie über interessante Entscheidungen aus dem Urheber- und Medienrecht sowie zu Rasch Rechtsanwälte.

Neues aus unserer Kanzlei: Rasch Rechtsanwälte haben im Januar 2015 die drei größten Torrent-Tracker geschlossen und damit wahrscheinlich 100-tausende Rechtsverletzungen verhindert. Die holländischen Kollegen von der BREIN sind diesem Beispiel gefolgt und haben gleich noch einen Tracker „dicht gemacht“. Auch der Spuk mit den Kopfhörer-Abmahnungen gegen Musikequipment-Händler hat wahrscheinlich ein Ende. Wir haben uns an einem Panel beim Hamburger Musikforum beteiligt und halten kommenden Dienstag, 05. Mai 2015 einen Vortrag an der Uni Hamburg.

  • Weltgrößte Torrent-Server abgeschaltet
  • Ankündigung: „Musikpiraterie /  Zwischen Robe und Turnschuh“
  • Uber-Update
  • Mögliches Ende der Kopfhörer-Abmahnungen
  • Preisdruck und Wettbewerb: „Die Amazon-Erfahrung“
  • IFPI-Meeting im Herzen von Interpol
  • BGH: Hotel-Bewertungsportal haftet nicht für falsche Angaben
  • EuGH: Mitgliedsstaaten dürfen Livestreams im Urheberrecht regeln
  • BGH wendet Urhebervermutung auch im Onlinebereich an
  • EuGH muss über Silikonimplantate entscheiden
  • Kohls Ex-Ghostwriter droht erneute Niederlage vor OLG Köln

 

Weltgrößte Torrent-Server abgeschaltet

Die Tracker „OpenBitTorrent“, „PublicBittorrent“ und „Istole.it“ sind offline – ein großer Erfolg für die vom Bundesverband Musikindustrie initiierte Kampagne zur Verhinderung illegalen Datentauschs.

Die drei größten Tracker der Welt koordinierten in der Vergangenheit zu jedem beliebigen Zeitpunkt die Verbindungen von mehr als 30 Millionen Teilnehmern des „BitTorrent“-Netzwerks. Nun hat auf Betreiben der Kanzlei Rasch Rechtsanwälte der  Hostprovider von „OpenBitTorrent“, PublicBittorrent“ und „Istole.it“ die Server abgeschaltet.

Rechtsverletzungen im BitTorrent-Netzwerk haben die Gerichte schon in verschiedensten Konstellationen beschäftigt. Berühmtheit haben insofern bspw. die Strafverfahren gegen die Betreiber der BitTorrent-Suchseite „ThePirateBay“ erlangt, deren Betreiber zu Haft- und Geldstrafen verurteilt wurden, aber auch die Zivilverfahren gegen Suchseiten wie „MiniNova“ oder „IsoHunt“. Daneben gehen die betroffenen Rechteinhaber vor allem gegen die „Uploader“ im BitTorrent-Netzwerk zivilrechtlich vor.

Trackerbetreiber und Hostprovider haften als Störer


Rasch Rechtsanwälte haben für ihre Mandanten und den Bundesverband Musikindustrie e.V. (BVMI) erfolgreich ein weiteres Glied in der „Verteilungskette“ des BitTorrent-Netzwerks erfolgreich in Anspruch genommen, nämlich die Betreiber der „Tracker“ bzw. ihre Hostprovider. Trackerbetreiber wie openbittorrent.com geben sich nach außen als neutral. Sie verweisen darauf, dass sie weder die Inhalte selbst, noch die zugehörigen .torrent-Dateien speichern und auch keine Suchfunktion anbieten. Überdies bestehe schon technisch keine Möglichkeit, die Verteilung bestimmter Inhalte zu verhindern. Eine im Jahr 2009 in Schweden durch die Filmindustrie anhängig gemachte Klage gegen den Provider von OpenBitTorrent scheiterte.

Nunmehr ist es jedoch gelungen, eine rechtliche Verantwortlichkeit der Trackerbetreiber und ihrer Hostprovider zu etablieren. Rechtliche Grundlage hierfür ist das Institut der Störerhaftung. Danach trifft eine Haftung jeden Dritten, der - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung eines geschützten Rechtsguts beiträgt. Dies ist für den Tracker-Betreiber und seinen Hostprovider zu bejahen. Denn ohne den Tatbeitrag des Trackers könnten Uploader und Download nicht miteinander in Verbindung treten, was das Herunterladen geschützter Inhalte erheblich erschweren würde. Und ohne die Bereitstellung des Speicherplatzes und die Anbindung an das Internet, die der Hostprovider vornimmt, könnte der Tracker Downloadern keine Quellen vermitteln.

Mehr als zwei Milliarden Verbindungen täglich


Entgegen der Behauptung einiger Trackerbetreiber ist es diesen sehr wohl möglich, Rechtsverletzungen zu verhindern. Denn die eingesetzte Software sieht den Betrieb einer „Blacklist“ vor, also einer Liste gesperrter Inhalte, die anhand ihres Hash-Wertes eindeutig identifiziert werden.

Mit diesem Ansatz forderten Rasch Rechtsanwälte zunächst die Betreiber der drei größten Tracker der Welt, die mehr als 2 Milliarden Verbindungen täglich verwalteten, zur Sperrung geschützter Inhalte ihrer Mandanten auf. Als diese nicht reagierten, nahm die Kanzlei Rasch Rechtsanwälte den Hostprovider der Tracker als Störer in Anspruch. Dieser setzte seinen Kunden eine Frist zur Sperrung der Torrents auf ihrem Tracker. Als auch diese Frist ergebnislos ablief, schaltete der Hostprovider die Server seiner Kunden vollständig ab. Andernfalls hätte der Hostprovider seine Privilegierung nach § 10 TMG verloren und selbst auf Unterlassung und ggf. Schadensersatz gehaftet.

Gericht: Hostprovider muss Auskunft über seine Kundendaten erteilen

Der Hostprovider weigerte sich zunächst jedoch, Auskunft über die Identität seiner Kunden zu erteilen. Im Rahmen eines von Rasch Rechtsanwälte geführten Gerichtsverfahrens hat daher das Landgericht Hamburg (310 O 11/15) den Provider verpflichtet, Auskunft über seinen Kunden zu erteilen. Diesem drohen nun zivilrechtliche Ansprüche der Rechteinhaber und ein Strafverfahren.

Ausblick

Da – wie zu erwarten war – kleinere Tracker versuchen, die Last zu übernehmen, die durch die Schließung der drei größten Tracker entstanden ist, wird die Kampagne nun gegen diese Tracker und deren Hostprovider fortgesetzt. Ein von einem Deutschen betriebener Tracker wurde in diesem Zusammenhang bereits am 31.03.2015 abgeschaltet, nachdem Rasch Rechtsanwälte ihn angeschrieben hatten.

Verfasser: RA Mirko Brüß

Ankündigung: „Musikpiraterie /  Zwischen Robe und Turnschuh“

Ein illegales CD-Presswerk mitten in Deutschland, Musikalben, die noch vor offizieller Veröffentlichung im Internet zu finden sind, und Filehoster, die mit dem Content Dritter einen Jahresumsatz von über 90 Mio. Dollar erzielen: Um diese Themen dreht sich der Vortrag der Fachanwältin Katharina Voigtland am 05.05.2015 an der Universität Hamburg.

Die  Angriffe auf Rechteinhaber von Musik sind vielfältig. Katharina Voigtland, Fachanwältin für Urheber- und Medienrecht, gibt einen praxisrelevanten Überblick über die verschiedenen Erscheinungsformen von Musikpiraterie, fragt sich, warum Urheberrechte im Internet weniger wert sein sollen, und zeigt auf, warum der Schutz geistigen Eigentums gerade im Youtube-Zeitalter für unsere Gesellschaft unverzichtbar ist.

Der von der Rechtsanwaltskammer Hamburg geförderte Vortrag findet im Rahmen der „Cyber Law Clinic“ statt, an der sich Rasch Rechtsanwälte beteiligen. Frau RAin Voigtland wird auch die Arbeit in unserer Kanzlei vorstellen und darauf eingehen, welche Punkte ein Medien-Rechtsanwalt bei der täglichen Arbeit berücksichtigen muss.

Termin: Dienstag, 5. Mai, 10:15 – 11:45 Uhr, Rechtshaus, Rothenbaumchaussee 33, 20148 Hamburg, Raum EG 18/19

Uber-Update

Das Landgericht Frankfurt und das OVG Berlin haben Uber-Verbote bestätigt. Nach einem Bericht der Wirtschaftswoche will Uber jetzt den UberPop-Fahrern den Personenbeförderungsschein und die für eine Lizenzierung notwendige Prüfung bezahlen.

Der Dienst wolle im Sommer 2015 mit einem neuen, dann legalen Service in Deutschland starten. Die Ankündigung (Quelle: Wirtschaftswoche) ist möglicherweise eine Reaktion auf ein Urteil des Landgerichts Frankfurt. Die Taxi Deutschland GmbH hat dort im März ein deutschlandweites Verbot des Dienstes Uber Pop erwirkt (LG Frankfurt, Urteil 3-08 O 138/14).

Auch das behördliche Verbot der Apps Uber Pop und UberBlack in Berlin bleibt in Kraft. Das OVG Berlin hat laut einer Pressemitteilung mit Beschluss vom 10.04.2015 eine Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin bestätigt (OVG Berlin Beschluss 1 S 96.14). Es hielt fest, das Unternehmen verstoße gegen zahlreiche Bestimmungen des Personenbeförderungsgesetzes, ohne im Besitz der erforderlichen Genehmigung zu sein.

Rasch Rechtsanwälte hatten im September 2014 die erste zivilrechtliche Entscheidung Hamburger Gerichte in Sachen Uber erwirkt und gegen einen UberPop-Fahrer ein einstweiliges Verbot aussprechen lassen. Nachdem der Fahrer keine Abschlusserklärung abgegeben hat, wird er nun im Hauptsacheverfahren auf Unterlassung in Anspruch genommen.

Mögliches Ende der Kopfhörer-Abmahnungen

Ein Berliner Online-Händler hat in den vergangenen Jahren über 200 Abmahnungen wegen Kennzeichnungsverstößen an Kopfhörern aussprechen lassen und Händler mit teuren Gerichtsverfahren überzogen. In vielen anhängigen Klagverfahren hat er jetzt die Klage unter Verzicht auf die Ansprüche zurückgenommen.  

Der Händler sorgte für erhebliche Unruhe in der Musikinstrumenten-Branche. Er mahnte serienmäßig Händler ab, die Kopfhörer in Online-Shops anbieten. Er bezog sich dabei auf fehlende Kennzeichnungen nach dem Elektrogerätegesetz, der Elektrostoffverordnung und dem Produktsicherheitsgesetz (ProdsG). So bemängelte er unter anderem angeblich fehlende oder an falscher Stelle aufgebrachte CE-Zeichen, Mülltonnensymbole und Herstellerkennzeichnungen. Der Abmahner selbst bietet in seinem Shop und auf E-Bay ausschließlich In-Ear-Kopfhörer an (Stand März 2015).

Anwalts-Hotline und Vernetzung bringen Abmahner wohl zum Aufgeben

Rasch Rechtsanwälte richteten im Herbst 2014 gemeinsam mit der Society of Music Merchants (SOMM) eine Telefon-Hotline ein, um abgemahnte Händler zu beraten. Sie vernetzten sich mit den Anwälten weiterer betroffener Händler und sammelten Fälle für eine Liste der Verfahren, um zu belegen, dass der Umfang der Abmahntätigkeit in keinem vernünftigen Verhältnis zur eigentlichen Geschäftstätigkeit des Abmahners stehe. Mit dieser Liste konnten die Anwälte anderer Betroffener weitere Gerichtsentscheidungen erwirken, in denen das Vorgehen als rechtsmissbräuchlich angesehen wurde. Im Januar und ab September 2014 erkannten erste Gerichte das Vorgehen des Klägers als rechtsmissbräuchlich, während die Obergerichte und andere Gerichte dazu tendierten, einen Rechtsmissbrauch des Klägers zu verneinen. Nachdem sechs Landgerichte auf Rechtsmissbrauch erkannten und zwei Oberlandesgerichte andeuteten, möglicherweise ebenfalls so zu entscheiden, nahm der Kläger in vielen Verfahren die Klage zurück, so auch in den gegen unsere Mandanten anhängigen Verfahren. Als Anlass gab er an, Unbekannte hätten einen seiner Prozessanwälte auf der Straße angegriffen.

Der rechtliche Hintergrund

Hintergrund ist, dass die o.g. Gesetze, die verschiedene EU-Richtlinien umsetzen, scharfe Anforderungen an Hersteller, Importeure und Händler bei der Produktkennzeichnung stellen. So muss nach dem ProdSG zum Beispiel auf jedem Verbraucherprodukt grundsätzlich Name und Anschrift des Herstellers und – wenn es nicht aus der EU stammt – des Importeurs angegeben sein. Nur in Ausnahmefällen darf die Kennzeichnung auf der Packung angebracht sein. Nach dem bis 2011 geltenden Geräte- und Produktsicherheitsgesetz von 2011 (GPSG) hatte der Hersteller insofern noch ein Wahlrecht. Zu diesen Themen gab es bislang kaum Rechtsprechung.

Händler müssen grundsätzlich nur Stichproben machen


Über den Hebel des Wettbewerbsrechts können Verletzungen dieser Vorschriften von Mitbewerbern abgemahnt werden. Das EU-Recht sieht vor, dass die Akteure je nach ihrer Position in der Lieferkette – vom Hersteller über den Importeur bis zum Händler –mehr oder weniger streng haften. So müssen Händler im Regelfall nur Stichproben vornehmen, ob Produkte offensichtliche Kennzeichnungsmängel haben. Sie müssen sich auch nicht die CE-Konformitätserklärung eines Herstellers zeigen lassen. Zu dem Thema wird im Branchenblatt „das musikinstrument“ in Kürze ein Beitrag von RA Bolm erscheinen.

Ausblick

Die formalen Anforderungen an Produkte werden künftig strenger. So fasst die EU derzeit verschiedene Richtlinien neu und vereinheitlicht die Haftung verschiedener Beteiligter in der Lieferkette (sog. alignment package). Nach Umsetzung ins deutsche Recht werden Händler bei vielen Produkten z.B. auch kontrollieren müssen, ob einem Produkt eine leicht verständliche  Gebrauchsanweisung in deutscher Sprache und Sicherheitshinweise beiliegen. Das müssen sie derzeit schon bei Spielzeug tun; ab dem 20.04.2016 gilt dies auch für sämtliche Geräte, die unter die Niederspannungsrichtlinie fallen.  

Verfasser: RA Martin Bolm

Preisdruck und Wettbewerb: „Die Amazon-Erfahrung“

Ca.  90 Teilnehmer aus Fachkreisen diskutierten  am 9. März im Rahmen des „Hamburger Musik Forums" über Chancen und Risiken im Umgang mit Angebots-Monopolisten wie Amazon. Auf dem Podium in der Hamburger Botschaft stellten auch RA Kay Spreckelsen und SOMM-Geschäftsführer Daniel Knöll ihre Sicht der Dinge dar.  

Bei dem vom VUT Nord (Regionalgruppe des Verbands unabhängiger Musikunternehmen e.V.) organisierten Panel  ging es um Marktmacht, Absatzchancen und das schwierige Verhältnis zwischen sog „Content-Anbietern“ und mächtigen Versandhandelsplattformen im Internet. Es diskutierten neben einem zahlreich erschienenen Fachpublikum:

Die Teilnehmer

Manuel Amiam (Cargo Music Produktions- und Vertriebs-GmbH),
Daniel Knöll (Geschäftsführer der SOMM, Society of Music Merchants e.V. Berlin)
und Kay Spreckelsen (Rechtsanwalt - Kanzlei Rasch Rechtsanwälte Hamburg)
unter der Diskussionsleitung von Reinher Karl (Rechtsanwalt, Justiziar des VUT).

Im Brennpunkt der Diskussion standen Chancen, Realitäten und Gefahren im Umgang mit dem „Handelsriesen“ Amazon und den unter seinem Dach versammelten neuen Wettbewerbern.

Interessante neue Verwertungsmöglichkeiten – aber…
 
Einig waren sich die Diskutanten, dass Amazon für das Musikgeschäft und den Handel im Allgemeinen in den letzten Jahren interessante Märkte und Vermarktungsmöglichkeiten erschlossen hat. Insbesondere der Endverbraucher habe hiervon außerordentlich profitiert. Einig war man sich auch, dass es auf der Amazon-Handelsplattform zu zahlreichen Rechtsverletzungen durch Drittanbieter im sog. Marketplace kommt, gegen die rechtlich vorgegangen werden kann. Man habe allerdings sowohl bei Amazons Geschäfts- und Preispolitik als auch hinsichtlich der Kooperationsbereitschaft bei der Bekämpfung von Rechtsverletzungen im Amazon Marketplace nicht immer den Eindruck, von Amazon als gleichberechtigter „Geschäftspartner" wahrgenommen zu werden.

Rechtsverletzer nicht groß werden lassen

Kay Spreckelsen (Rasch Rechtsanwälte) berichtete, dass es möglich und geboten sei, insbesondere gegen Rechtsverletzer, die ihre Waren über den  Amazon-Marketplace in Deutschland anbieten, vorzugehen. Nur so sei zu erreichen, dass nicht einzelne Anbieter unter Inkaufnahme von zahlreichen Rechtsbrüchen Geschäftsmodelle etablierten, gegen die unter Einhaltung der Rechtsordnung ab einer gewissen Größenordnung kein fairer Wettbewerb mehr möglich sei. Der Dialog mit Amazon selbst sei diesbezüglich sowohl rechtlich als auch tatsächlich schwierig –  aber möglich. Grundsätzlich sähe der Konzern sich rechtlich nicht in der Verpflichtung, so dass die bestehenden freiwilligen Meldemechanismen im Falle von Rechtsverletzungen immer noch zu wenig verbindlich,  transparent und nachprüfbar seien.
 
Hoher Umsatz, harte Verhandlungen

Manuel Amiam (Cargo Musik Produktions- und Vertriebs GmbH) betonte positiv den für Tonträgervertriebe großen Anteil des über Amazon generierten Gesamtumsatzes in dem insbesondere in Deutschland immer noch im Wesentlichen auf physischen Produkten beruhenden Musikmarkt. Die guten Geschäfte mit Amazon seien allerdings durch eine harte länderübergreifende Preis- und Verhandlungspolitik des Unternehmens und letztlich durch die Schaffung von Abhängigkeiten erkauft.

Das eigene Vertriebssystem schützen
 

Daniel Knöll machte für die Mitglieder der SOMM - vorwiegend Vertriebe von Musikinstrumenten und - equipment - deutlich, dass diese früh darauf gesetzt hätten, im Internet eigene Vertriebsstrukturen für ihre Produkte aufzubauen, die sich von Amazon durch einen hohe Beratungsqualität und eine hohe Spezialisierung abgrenzen.
 
Diese Vertriebsstrukturen wolle man möglichst stärken und ausbauen. Man sei aber auch hier mit dem über Amazon vermittelten stärker werdenden Wettbewerb im Online-Versandhandel konfrontiert und habe sich in Zukunft wohl zunehmend sowohl mit der hervorgehobenen Stellung von Amazon im Versandhandel mitsamt den hieraus resultierenden Einzelproblemen, als auch mit den zunehmenden Rechtsverletzungen im Amazon-Marketplace durch Drittanbieter auseinanderzusetzen.
 
Verfasser: RA Knut Stenert

IFPI-Meeting im Herzen von Interpol

Das IFPI Antipiracy Meeting mit über 80 Teilnehmern fand dieses Jahr an einem besonderen Ort statt: in der Zentrale von Interpol in Lyon. Die Mitglieder der IFPI-Landesgruppen stellten in Lyon in „Case Studies“ aktuelle Pirateriefälle vor.  RA Mirko Brüß berichtete für den Bundesverband Musikindustrie e.V.  über BitTorrent-Tracker.

BitTorrent ist das derzeit meistgenutzte P2P-Filesharing-Netzwerk. Die so genannten Tracker sind Server, die die einzelnen Teilnehmer miteinander verbinden und das Verbreiten meist urheberrechtlich geschützter Werke ermöglichen. RA Brüß erklärte, wie dieses Netzwerk funktioniert und welche Möglichkeiten für Rechteinhaber bestehen, rechtlich gegen die Betreiber solcher Tauschbörsenserver vorzugehen.

An der Quelle ansetzen


Wie effektiv es sein kann, an der „Quelle“ anzusetzen, zeigt das Vorgehen von Rasch Rechtsanwälte: So hat die Kanzlei kürzlich im Auftrag des Bundesverbands Musikindustrie e.V. die drei größten BiTorrent-Server „OpenBitTorrent“, PublicBittorrent“ und „Istole.it“ vom Netz genommen. Dem deutschen Vorbild folgend, ist die niederländische Antipiraterie-Organisation BREIN im Anschluss erfolgreich gegen den BitTorrent-Tracker „Coppersurfer“ vorgegangen.

Raum für lizenzierte Angebote schaffen


In seinem Grußwort an die IFPI-Teilnehmer stellte Interpol-Generalsekretär Jürgen Stock klar, dass der Kampf gegen Piraterie nicht nur eine grenzen- sondern auch branchenübergreifende Zusammenarbeit notwendig mache. IFPI-Chefin Frances Moore hob hervor, dass IFPI und Interpol weiter gegen Piraterie und die organisierten kriminellen Banden dahinter kämpfen müssen, um Raum für legale, lizenzierte digitale Geschäftsmodelle zu schaffen. Die Betreiber der großer Piraterie-Seiten zahlten weder Steuern, noch investierten sie in Musikherstellung und  Künstler.

zur Pressemitteilung von Interpol

BGH: Hotel-Bewertungsportal haftet nicht für falsche Angaben

Bewertungen, die Gäste über Hotels schreiben, sind keine eigenen Inhalte des Plattformbetreibers. Der Betreiber eines solchen Portals muss Nutzer-Einträge daher nicht verdachtsunabhängig auf rechtsverletzende Inhalte durchsuchen. Selbst wenn er freiwillig Beiträge filtert, haftet er erst nach Erhalt einer Aufforderung des Verletzten.

Der BGH bestätigte damit ein Urteil des Kammergerichts Berlin, das wie zuvor schon das Landgericht die Unterlassungsklage des Hostels gegen ein großes Hotelbewertungsportal abgewiesen hatte (KG Berlin  5 U 63/12=MMR 2014, 46; LG Berlin 52 O 159/11=BeckRS 2014, 18466). Über das Hotelbewertungsportal kann man auch Reisen buchen.

Eine Nutzerin des Portals hatte sich über angeblichen Bettwanzenbefall und weitere Unzulänglichkeiten in dem Hostel der Klägerin beschwert. Die Beklagte entfernte den Beitrag auf die Abmahnung der Klägerin hin, gab aber keine Unterlassungserklärung ab.

Wie die Vorinstanzen hielt der BGH fest, dass die Portalbetreiberin den Beitrag nicht im Sinne des § 4 Nr. 8 UWG selbst „verbreitet“ habe. Die Beklagte nehme eine neutrale Rolle ein. Sie stelle keine eigenen Inhalte zur Verfügung und mache sich die fremden Beiträge auch nicht zu eigen. Sie komme daher in den Genuss des Haftungsprivilegs der §§ 7 II, 10 I Nr. 1 Telemediengesetz (TMG).

Danach ist, so der BGH, den Betreibern eines Hotelbewertungsportals keine Vorabprüfung von Nutzerbewertungen zumutbar. Der Betreiber hafte vielmehr erst dann für unwahre Tatsachenbehauptungen, wenn er spezifische Prüfpflichten verletzt habe. Wie intensiv die Prüfpflichten seien, richte sich nach den Umständen des Einzelfalls. Es gebe hier keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte ein hochgradig gefährliches Geschäftsmodell betreibe, das besondere Prüfpflichten auslöse.

Anmerkung


Bewertungsportale für Hotels haben großen Einfluss darauf, welches Hotel gebucht wird. Wer hat nicht schon vor der Buchung noch schnell geschaut, ob das Hotel auch von anderen Gästen gut bewertet wurde? Hier lag eine Besonderheit darin, dass der Portalbetreiber zugleich als Reisebüro fungiert. Das scheint sich aber auf die Prüfpflichten nicht auszuwirken.

Die Betreiber solcher Portale genießen ein weit reichendes Privileg. Betroffene wie Hotelbetreiber und Gastronomen müssen sie stets auf eigene Kosten auf rechtswidrige Beiträge hinweisen. Erst dann ist ein Portalbetreiber verpflichtet, überhaupt Rücksprache mit dem Verfasser eines Beitrags zu halten (BGH VI ZR 93/10 – Blogspot). Nur wenn der Portalbetreiber nach Rücksprache mit dem Verfasser des Beitrags den Beitrag nicht löscht, können Verletzte kostenpflichtig abmahnen und auf Unterlassung klagen.

Die Entscheidungsgründe des BGH liegen noch nicht vor. Es steht jedoch zu vermuten, dass sich der BGH in vielen Aspekten der sorgfältig begründeten Entscheidung des Vorinstanz (KG Berlin 5 U 63/12=MMR 2014, 46) angeschlossen hat. Danach genießen die Betreiber solcher Bewertungsportale weitreichenden Schutz.

Aus der Pressemeldung kann man den Schluss ziehen, dass der BGH im vorliegenden Fall mehrere Hürden für Betroffene rechtsverletzender Bewertungen in Stellung bringt: die Störerhaftung (im Wettbewerbsrecht Verkehrspflichten genannt) und eine Portal-freundliche Auslegung des § 4 Nr. 8 UWG, sofern dieser einschlägig ist. Zum Vergleich: Noch vor wenigen Jahren hat das Landgericht Hamburg in einem vergleichbaren Fall an diesen Punkten eine Haftung des Portalbetreibers bejaht (LG Hamburg Urteil 327 O 607/10 vom 01.09.2011 = BeckRS 2011, 22322).

Ist der Portalbetreiber nach der Störerhaftung aus dem Schneider?

Nach den Grundsätzen der Störerhaftung haftet ein Intermediär dann nicht, wenn er zumutbaren Prüfpflichten nachgekommen ist. Art und Umfang der Prüfpflichten bestimmen sich nach den Umständen des Einzelfalls.  Legitime Geschäftsmodelle wie Bewertungsportale, Online-Auktionen etc. sollen nicht dadurch erschwert oder vereitelt werden, dass ihr Betreiber eine Vielzahl nutzergenerierter Beiträge bzw. Verkaufsangebote ohne konkreten Anlass auf mögliche Rechtsverletzungen prüfen muss. So auch hier. Der BGH hält fest: „Eine Haftung auf Unterlassung besteht in einem solchen Fall erst, wenn der Betreiber eines Internetportals Kenntnis von einer klaren Rechtsverletzung erlangt und sie gleichwohl nicht beseitigt. Dieser Pflicht hat die Beklagte genügt und deshalb auch keine wettbewerblichen Verkehrspflichten im Sinne des § 3 Abs. 1 UWG verletzt“.

Hat der Portalbetreiber den Beitrag „verbreitet“?

Schließlich soll der Portalbetreiber den Beitrag nicht im Sinne des § 4 Nr. 8 UWG „verbreitet“ haben. Ein „Verbreiten“ von Tatsachenbehauptungen gem. § 4 Nr. 8 UWG ist dann nicht gegeben, wenn Nutzer Beiträge hochladen, diese ohne menschliche Zwischenschritte automatisch online gestellt werden und der Portalbetreiber eine rein technische, passive Rolle einnimmt.

In dem Verfahren war aber unstreitig, dass der Hotelbetreiber die konkrete Bewertung durch eigene Mitarbeiter geprüft und freigeschaltet hatte. So durchsucht die Beklagte mit einem Wortfilter alle Beiträge vor dem Erscheinen automatisch auf Merkmale, die auf Schmähkritik oder auf sogenannte Fake-Bewertungen hindeuten. Als auffällig erkannte Beiträge werden manuell nachkontrolliert und erst von einem Mitarbeiter freigeschaltet. Das war auch bei dem „Bettwanzen“- Beitrag der Fall.

Wie aber ist es zu bewerten, dass der Portalbetreiber hier sogar eine solche Kontrolle vorgenommen hat? Mit der zutreffenden Ansicht des Landgerichts Hamburg ist davon auszugehen, dass derjenige, der einen Beitrag selbst  auf potentielle Rechtsverletzungen durchliest und aktiv  freischaltet, ihn auch verbreitet (LG Hamburg 327 O 607/10=BeckRS 2011, 22322; ebenso Köhler/Bornkamm UWG § 4 Rn 8.18). Denn ein „Verbreiten“ im Sinne des § 4 Nr. 8 UWG ist weder auf eigene Behauptungen beschränkt und setzt auch nicht voraus, dass der Verbreitende sich den Inhalt zu eigen macht.

Der BGH hat sich offenbar der Gegenansicht angeschlossen. Sie argumentiert, daraus, dass der Portalbetreiber sich Mühe gegeben habe, rechtswidrige Beiträge vorab zu erkennen, dürfe man ihm keinen Strick drehen. Außerdem habe sich die Vorabkontrolle nur auf andere Punkte konzentriert (Schmähkritik, Fake-Bewertungen). Das überzeugt nicht. Wenn ein Mitarbeiter einen Beitrag durchliest und händisch freischaltet, nimmt der Betreiber eben keine rein passive Rolle ein. Weder ist für ein „Verbreiten“ erforderlich, dass es sich um eine eigene Behauptung des Verbreitenden handelt noch dass dieser sich den fremden Inhalt zueigen macht (BGH I ZR 75/93 – Schwarze Liste).

BGH, Urteil I ZR 94/13 vom 19.03.2015 – Hotelbewertungsportal (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 19.03.2015). Beim Verfassen lagen die Urteilsgründe noch nicht vor.

Verfasser: RA Martin Bolm

EuGH: Mitgliedsstaaten dürfen Livestreams im Urheberrecht regeln

Die InfoSoc-Richtlinie regelt Livestreams nicht. Gewähren EU-Mitgliedsstaaten in ihrem nationalen Recht weiter gehende Schutzrechte wie hier das Land Schweden für Sendeunternehmen, ist das zulässig. Denn die entsprechenden EU-Richtlinien sehen nur eine Teilharmonisierung vor.

Der schwedische Pay-TV-Sender C More hatte Linus Sandberg verklagt, der auf seiner Website einen Link auf die Übertragung mehrerer Eishockey-Spiele gesetzt hatte. Wer den Link anklickte, konnte unter Umgehung des Bezahlsystems von C More die Übertragungen sehen. Die schwedischen Gerichte erster und zweiter Instanz verurteilten Sandberg zu einer Geldstrafe und zu Schadensersatz. Der Oberste Gerichtshof Schwedens legte den Fall dem EuGH zur Entscheidung vor, ob die Mitgliedsstaaten Sendeunternehmen einen weiter reichenden Schutz garantieren dürfen als er in der InfoSoc-Richtlinie 2001/29 vorgeschrieben ist.

Livestream fällt nicht unter das Recht zur öffentlichen Zugänglichmachung

In dieser Richtlinie ist in Artikel 3 Abs. 2 „nur“ vorgeschrieben, dass die Mitgliedsstaaten für Sendeunternehmen das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung regeln müssen. Die Direktübertragung eines Sportereignisses fällt jedoch nicht unter das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (im deutschen Recht § 19a UrhG), weil die Übertragung den Zuschauern nicht zu Zeiten ihrer Wahl zur Verfügung steht (Abs. 27). Der Zuschauer kann sich ja nur in den Livestream „einschalten“ und nicht dessen Beginn bestimmen (vgl. Fromm/Nordemann, § 87 UrhG Rn 19).

Nur Teilharmonisierung -  Mitgliedsstaaten dürfen weitergehenden Schutz gewähren

Der EuGH hält fest, dass es den Mitgliedsstaaten frei steht, einen weitergehenden Schutz für Inhaber verwandter Schutzrechte zu gewährleisten, als ihn die InfoSoc-Richtlinie vorschreibt. Schon aus deren Überschrift „Richtlinie zur Harmonisierung bestimmter Aspekte  des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte“ sowie aus Erwägungsgründen 23 und 25 ergebe sich, dass der Unionsgesetzgeber nur eine Teilharmonisierung wollte, die für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts erforderlich sei.

Der Unionsgesetzgeber habe nicht die Absicht gehabt, Handlungen zu erfassen, die bspw.  von Artikel 3 Abs. 2 der Richtlinie nicht ausdrücklich erfasst seien (Abs. 29-31). Erwägungsgrund 16 der InfoSoc-Richtlinie verweise auf die weiteren EU-Richtlinien zum Urheberrecht. Erwägungsgrund 20 der Vermiet- und Verleihrichtlinie 2006/115 erlaube den Mitgliedsstaaten einen weiter reichenden Schutz für Rechteinhaber als in der Richtlinie 2006/115 vorgeschrieben ist.

Anmerkung    

Das deutsche Urheberrecht regelt in § 87 UrhG das ausschließliche Recht der Sendeunternehmer. Der dortige Katalog ist abschließend (Fromm/Nordemann § 87 UrhG Rn 24).  „Livestreams“ fallen grundsätzlich nicht unter das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung, sondern unter das Senderecht aus §§ 87 I Nr. 1, 20 UrhG. Das gilt auch dann, wenn sie über das Internet ausgestrahlt werden (Fromm/Nordemann § 20 UrhG Rn 10-11).

Derjenige, der einen Hyperlink setzt, der den Abruf des Signals vom Server des Pay-TV-Senders ermöglicht, verbreitet kein eigenes Sendesignal, sondern verweist nur auf das Sendesignal des Berechtigten. Wer dem Hyperlink folgt, greift nur dieses Signal ab. Daher ist der Linksetzer wohl nicht selbst „Sendender“.

Sieht man das Anschauen eines Livestreams durch Internetnutzer nicht als urheberrechtliche Nutzungshandlung an, fehlt es auch an einer Rechtsverletzung, die eine Störerhaftung des Linksetzers begründen könnte.

Der Linksetzer könnte aber eine öffentliche Wiedergabe vornehmen. Der BGH hat im Setzen eines Deep-Links unter Umgehung einer Zugangsbeschränkung eine öffentliche Widergabe gesehen, weil der Linksetzer eine zentrale Rolle bei der Werkvermittlung einnimmt (BGH I ZR 46/12, Abs. 46 – Die Realität). Vergleichbar liegt der Fall wohl hier. Da Sendeunternehmen kein ausschließliches Recht der öffentlichen Wiedergabe im Sinne von § 15 UrhG haben, könnten sie nur aus ihnen eingeräumten ausschließlichen Nutzungsrechten der Urheber gesendeter Werke gegen einen solchen Link vorgehen. Ist das gesendete Ereignis ein urheberrechtlich nicht schutzfähiges Sportereignis, ist ihnen dieser Weg verschlossen. Es bleibt dann voraussichtlich nur der Weg über ergänzenden Leistungsschutz, § 4 Nr. 9 c) UWG, oder der Versuch, ein Verbot des Links unter den Voraussetzungen des § 95a UrhG zu erwirken.

Nach dem Zugangskontrolldienstegesetz (ZKDG) von 2002 sind solche Umgehungen nur dann strafbar oder stellen eine Ordnungswidrigkeit dar, wenn sie „zu gewerbsmäßigen Zwecken“ vorgenommen werden. Kurios ist, dass nach § 3 Nr. 3 ZKDG die Absatzförderung von Umgehungseinrichtungen zwar „verboten“ ist, der Gesetzgeber daran aber keinerlei Konsequenzen knüpft – weder eine Strafbarkeit noch eine Ordnungswidrigkeit. Vergleichbar wie das ZKDG stellt auch § 108b UrhG Umgehungshandlungen unter Strafe, wobei  Taten zum eigenen privaten Gebrauch ausgenommen sind.

EuGH, Urteil C-279/13 vom 26.03.2015 – C More Entertainment AB / Linus Sandberg

Verfasser: RA Martin Bolm

BGH wendet Urhebervermutung auch im Onlinebereich an

Der Bundesgerichtshof hat sich mit den Anforderungen an eine Urheberbezeichnung bei Fotos auf einer Website befasst.

Ein Händler verkaufte Sammelfiguren in Form von Teddybären, so genannte „Cherished Teddies“. Um die Verkaufsangebote zu bebildern, hatte er die Figuren fotografiert und diese Fotos in seinem Shop unter der Urheberbezeichnung „CT-Paradies“ zugänglich gemacht. Der Verkäufer ging gegen einen anderen Händler vor, der mit diesen Bildern angeblich eigene Verkaufsangebote auf eBay illustriert hatte. Der Kläger verlangte Abmahnkosten, Schadensersatz und Zahlung einer Vertragsstrafe.

Das Oberlandesgericht Nürnberg wies in 2. Instanz die Klage insgesamt ab, weil die Aktivlegitimation nicht nachgewiesen sein. Der Kläger hatte zwar identische Fotos wie in den beanstandeten Verkaufsangeboten vorgelegt, jedoch mit höherer Auflösung. Die digitalen Fotodateien enthielten jedoch nur einen Verweis auf eine bestimmte Digitalkamera, nicht aber auf die Person, die die Fotos gemacht hatte. Der Kläger hatte seine Frau als Zeugin dafür angeboten, dass er der Fotograf sei. Das OLG war dem Beweisangebot nicht nachgegangen, weil der Senat es für zu unbestimmt hielt.

Der BGH hat das Urteil des OLG Nürnberg aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung zurückverwiesen.

BGH: Urheberbezeichnung  gilt auch online…


Nach dem BGH kann sich auch der Betreiber einer Internetseite auf die Urhebervermutung des § 10 UrhG berufen, wenn dort enthaltene Werke ihn in der üblichen Weise als Urheber bezeichnen. Rechtsfolge des § 10 Abs. 1 UrhG ist, dass er bis zum Beweis des Gegenteils als Urheber anzusehen ist. Zwar gelte, so der BGH, diese Norm nur für körperliche Werkexemplare – ein körperliches Werkexemplar liege aber auch dann vor, wenn ein Werk in das Internet gestellt wird. Denn die elektronische Datei müsse zuvor vervielfältigt werden, indem sie auf die Festplatte eines Servers hochgeladen werde.

… muss aber auf eine natürliche Person hinweisen

Im vorliegenden Fall griff die Vermutung aber nicht durch. Eine Urheberbezeichnung müsse auf eine natürliche Person verweisen, und auch der Verkehr müsse sie als Hinweis auf eine natürliche Person verstehen. Der Bildvermerk „CT-Paradies“, mit dem die Fotos gekennzeichnet waren,  werde vom Verkehr aber nicht als Hinweis auf eine natürliche Person verstanden und lasse nicht erkennen, dass der Kläger die Fotos hergestellt habe.

Nach dem BGH kann daneben auch die Behauptung des Klägers, er habe auf CD die Originalfotos vorgelegt, und diese hätten eine höhere Auflösung als die Fotos in den eBay-Angeboten, ein Anhaltspunkt dafür sein, dass er Urheber ist.

Unterlassungserklärung nicht sklavisch nach dem Wortlaut auslegen

Schließlich hat sich der BGH mit der Auslegung einer Vertragsstrafenvereinbarung beschäftigt. Der Beklagte hatte eine Unterlassungserklärung abgegeben, in der er sich u.a. verpflichtete, bestimmte Fotos nicht mehr zu „verbreiten“. Der BGH stellt klar, dass dieser Begriff hier nicht im Wortsinne eng verstanden werden darf. Denn Anlass für die Abmahnung war keine „Verbreitung“ im Sinne des § 17 UrhG, sondern eine öffentliche Zugänglichmachung im Sinne des § 19a UrhG. Die Unterlassungserklärung müsse, so der BGH,  nach ihrem Zweck so ausgelegt werden, dass auch die letztgenannte Nutzungshandlung von ihr umfasst sei. Daher schuldete der Beklagte auch die Zahlung einer Vertragsstrafe. Das OLG Nürnberg hatte die Vereinbarung wörtlich ausgelegt und keine Vertragsstrafe zugesprochen.

Auch Fotos in beendeten Auktionen löschen

Außerdem, so der BGH, war der Beklagte nach Abgabe der Unterlassungserklärung auch verpflichtet, den Verletzungszustand zu beseitigen. Er hätte die Fotos nicht nur in laufenden Auktionen, sondern auch in bereits beendeten Auktionen löschen müssen.

Gratislizenz wird dem Kläger beim Schadensersatz zum Verhängnis

Der BGH hat über den Schadensersatzanspruch des Klägers nicht abschließend entschieden. Er hat die Klage insoweit als unbestimmt angesehen und zurückverwiesen, damit das OLG einen Hinweis erteilt und der Kläger seinen Anspruch präzisieren kann. Denn der Kläger hatte teilklagend 10.000 Euro Schadensersatz für 52 Fotos verlangt, ohne deutlich zu machen, welchen Betrag er für welches Foto er verlangt und in welcher Reihenfolge das Gericht die jeweils selbständigen Ansprüche prüfen solle.

Der Kläger hatte sich auf den Standpunkt gestellt, dass ihm 310 Euro Schadensersatz entsprechend der MFM-Empfehlungen für seine selbstgeschossenen Fotos zustünden, die wegen fehlender Urheberbenennung zu verdoppeln wären. Diesen Betrag hält der BGH für „vollkommen unverhältnismäßig“ und meint wie schon das Landgericht, dass nur 20 Euro Schadensersatz pro Foto angemessen seien. Denn der Kläger habe für den Fall einer Verlinkung auf seine Internetseite eine kostenlose Lizenz für die Fotos angeboten. Dann sei maßgeblich auf den wirtschaftlichen Wert der Fotos abzustellen, und dieser liege nur in dem Werbeeffekt durch die Verlinkung. Er könne auf 10 Euro geschätzt werden und sei wegen fehlender Urheberbenennung zu verdoppeln.

Anmerkung


Wer seine Fotos zur kostenlosen Nutzung, wie z.B. unter einer Creative-Commons-Lizenz ins Internet stellt, kann für eine unerlaubte Nutzung keine oder höchstens  symbolische Schadensersatzbeträge verlangen. Das hat auch bereits die Entscheidung des OLG Köln 6 U 60/14 gezeigt (sie wurde im Newsletter 1/2015 besprochen). Dort hat das OLG Köln ausgeführt, der objektive Wert einer nicht-kommerziellen Nutzung eines unter CC-Lizenz angebotenen Inhalts könne „nur mit Null angesetzt werden“.

BGH, Urteil I ZR 76/13 vom 18.09.2014 – CT-Paradies

Verfasser: RA Martin Bolm

EuGH muss über Silikonimplantate entscheiden

Schützen die EU-Vorschriften über die CE-Kennzeichnung auch Patientinnen, denen minderwertige Brustimplantate eingesetzt wurden? Können diese sich bei dem Prüfinstitut schadlos halten, das die Voraussetzungen für das CE-Zeichen als erfüllt sah? Darüber muss jetzt der EuGH entscheiden.

Eine Deutsche ließ sich 2012 ihre Brustimplantate entfernen, weil bekannt geworden war, dass der französische Hersteller in vielen Implantaten minderwertiges Industriesilikon verwendet hatte.

Ein perfektes System der Vertuschung

Der französische Hersteller hatte offenbar ein „nahezu perfektes System der Vertuschung“ eingerichtet, um bei den – stets angemeldeten – Kontrollen durch Behörden und das private Prüfinstitut TÜV Rheinland zu verbergen, dass er minderwertiges Industriesilikon statt des vorgesehenen medizinischen Silikons verwendete. So wurden die Herstellungsprozesse kurzfristig auf das zugelassene Produkt umgestellt und sämtliche Hinweise auf ein geändertes Design versteckt.

Nachdem der Hersteller insolvent ist, geht die Klägerin gegen den TÜV Rheinland vor. Er hatte im Auftrag des Herstellers als so genannte benannte Stelle dessen Medizinprodukte zertifiziert. Dieses so genannte Konformitätsbewertungsverfahren ist Voraussetzung dafür, dass der Hersteller das CE-Zeichen auf seinem Produkt aufbringen darf.

Vorinstanz: CE-Zertifizierung soll nicht die Konsumenten schützen

Die Klägerin verlangt unter anderem 40.000 Euro Schmerzensgeld. Sie macht geltend, der TÜV Rheinland habe die Herstellung nicht genügend überwacht. So habe er weder unangemeldete Kontrollen vorgenommen noch die Implantate selbst untersucht oder Rechnungen oder Lieferunterlagen eingesehen. Die Klägerin ist in erster und zweiter Instanz unterlegen. Das Oberlandesgericht Zweibrücken entschied, dass die EU-Vorschriften nicht dazu dienen, potentielle Patienten zu schützen. Sie sollten lediglich dem Hersteller ermöglichen, gegenüber den Marktüberwachungsbehörden den Nachweis der Verkehrsfähigkeit seiner Produkte zu führen. Der TÜV Rheinland habe auch keine so genannte Garantenpflicht gegenüber der Klägerin gehabt, um sie vor möglichen Schäden zu bewahren. Seine Aufgabe sei es nur gewesen, das Qualitätsmanagement und die Produktauslegung zu prüfen. Eine private benannte Stelle habe weder die gleichen Aufgaben wie eine Behörde noch hoheitliche Befugnisse (OLG Zweibrücken 4 U 66/13).

Die Vorlagefragen des BGH

Der BGH hat dem EuGH mehrere Fragen zur Auslegung der Medizinprodukte-Richtlinie 93/42/EWG vorgelegt. So will der BGH wissen, ob es Sinn und Zweck der Richtlinie ist, dass die benannte Stelle zum Schutz aller potentiellen Patienten tätig wird und deshalb bei schuldhafter Pflichtverletzung den betroffenen Patienten unmittelbar und uneingeschränkt haften kann. Außerdem fragt er, ob aus der Richtlinie hervor geht, dass die benannte Stelle eine generelle oder zumindest anlassbezogenen Prüfpflicht hat und  ob die benannte Stelle auch Geschäftsunterlagen des Herstellers sichten und/oder unangemeldete Inspektionen durchführen muss.

Anmerkung

Anders als die Vorinstanzen geht der BGH offenbar davon aus, dass der Vertrag zwischen einem Hersteller und einem Prüfinstitut grundsätzlich eine Schutzwirkung auch für alle Abnehmer der zertifizierten Produkte entfalten kann.

Die Frage hat hohe wirtschaftliche Bedeutung, weil nahezu jedes Produkt, das heute in der EU auf den Markt gelangt, ein CE-Zeichen tragen muss. Ist ein Prüfinstitut in die CE-Zertifizierung eingebunden, hätten Betroffene dann einen weiteren Schuldner – vorausgesetzt, der Vertrag zwischen dem Hersteller und dem Prüfinstitut hätte einen drittschützenden Zweck. Ob der Vertrag nach dem Parteiwillen drittschützend sein soll, dafür ist für den BGH offenbar (auch) die Intention der EU-Richtlinie maßgeblich, die das Verfahren für die CE-Zertifizierung regelt. Das zeigt die erste Vorlagefrage. Der BGH erwägt offenbar von der drittschützenden Intention einer EU-Richtlinie auf die Einbeziehung Dritter in den Schutzzweck des Vertrags zu schließen.

Schützt der Vertrag zwischen TÜV Rheinland und dem Hersteller der Implantate über die CE-Zertifizierung auch die Abnehmer der Implantate? Dafür spricht, dass es in den Erwägungsgründen der Medizinprodukte-Richtlinie, die das Konformitätsbewertungsverfahren regelt, heißt, dass Medizinprodukte für Patienten, Anwender und Dritte einen hochgradigen Schutz bieten und die vom Hersteller angegebenen Leistungen erreichen müssen. Zweck der Harmonisierung durch die EU-Vorschriften ist auch hier ein hohes Schutzniveau. Die Brustimplantate unterliegen als Medizinprodukte der Klasse III, „die ein hohes Gefahrenpotential darstellen“,  in der Medizinprodukte-Richtlinie den strengsten Anforderungen an ein Konformitätsbewertungsverfahren. Hat ein Vertrag die Prüfung der Marktfähigkeit solch riskanter Produkte zum Gegenstand, ist den Parteien bewusst, dass die Anforderungen deshalb so hoch sind, weil potentiell die Gesundheit vieler Menschen auf dem Spiel steht.

In vielen Konstellationen haften schon heute nach inländischer Rechtsprechung Sachverständige gegenüber Dritten. So hat der BGH festgehalten, dass beispielsweise Sachverständige, die ein Wertgutachten über ein Grundstück erstellen, auch im Interesse potentieller Kreditgeber oder Anleger tätig werden (BGH X ZR 250/02). Auch dann, wenn der Sachverständige staatliche Anerkennung oder vergleichbar nachgewiesene Sachkunde genießt, kann dies nach der Rechtsprechung für die Einbeziehung Dritter in den Schutzzweck sprechen (BGH III ZR 50/94). Bei Medizinprodukten wie Silikonimplantaten darf nur ein vom jeweiligen Mitgliedsstaat „notifiziertes“, also staatlich zugelassenes und überwachtes unabhängiges Prüfinstitut die Voraussetzungen für das CE-Zeichen begutachten.

Es steht daher zu vermuten, dass der EuGH wenigstens die erste Vorlagefrage mit „Ja“ beantworten wird. Dann wird im vorliegenden Fall entscheidend sein, ob das beklagte Prüfinstitut nicht nur – wie aus der Richtlinie hervorgeht – berechtigt, sondern auch verpflichtet war, unangemeldete Kontrollen durchzuführen. Das ist eine Frage des Einzelfalls, bei der sich der EuGH möglicherweise nicht festlegen wird.

BGH, Beschluss VII ZR 36/14 vom 09.04.2015

Verfasser: RA Martin Bolm

Kohls Ex-Ghostwriter droht erneute Niederlage vor OLG Köln

Das OLG Köln wird vermutlich die Verwendung von Zitaten des Ex-Kanzlers in dem Buch „Vermächtnis – die Kohl Protokolle“ verbieten. Das machte der 15. Zivilsenat in der mündlichen Verhandlung vom 10.03.2015 deutlich. Das Urteil soll am 5. Mai verkündet werden.

Der Senat geht wie zuvor das Landgericht davon aus, dass der Kohl-Biograf Schwan vertraglich zur Geheimhaltung verpflichtet war. Aus den Verträgen zwischen Kohl und dem Drömer Knaur Verlag sowie zwischen Kohl und Schwan gehe hervor, dass Kohl das Letztentscheidungsrecht darüber habe, welche Äußerungen in welcher Form verwendet werden dürfen. Der Biograf Schwan habe im Rahmen seiner Tätigkeit in dienender Funktion gehandelt und sei auch gegenüber Kohl zur Geheimhaltung verpflichtet gewesen. Was den Umfang der zu verbietenden Äußerungen betrifft, wird das Oberlandesgericht möglicherweise ein weiter gehendes Verbot aussprechen als das Landgericht.

Auch der Co-Autor Jens und der beklagte Verlag könnten zur Unterlassung verpflichtet werden. Jens, Schwan und der Verlag hätten stets bekundet, als Team die Inhalte gemeinsam erstellt und redigiert zu haben. Daher, so das OLG, sei der in der Weitergabe der vertraulich erfolgten Äußerungen liegende Vertrauensbruch von allen Verfügungsbeklagten gemeinschaftlich getragen worden.

OLG Köln, Pressemitteilung vom 10.03.2015 zum Verfahren 15 O 193/14

Verfasser: RA Martin Bolm


Herausgeber:   
Clemens Rasch, An der Alster 6, 20099 Hamburg

Redaktion:
Martin Bolm, An der Alster 6, 20099 Hamburg
Telefon 040-244297-0
bolm@raschlegal.de

Dieser Newsletter ist Teil unseres Internetangebots unter www.raschlegal.de.

Sie können ihn unter www.raschlegal.de/newsletter abonnieren.

Ansprechpartner

zu diesem Thema

Keine Ansprechpartner gefunden.

News filtern

Thema:

› Alle News anzeigen

News

19.10.2020

OLG Köln bestätigt Unterlassungsansprüche gegen Cloudflare

› Gesamten Artikel lesen

22.05.2019

Creative-Commons-Foto-Abmahnung: Rasch Rechtsanwälte setzen erfolgreich Gegenansprüche durch

› Gesamten Artikel lesen

09.05.2019

Amazon haftet für unlizenzierte Produktfotos

› Gesamten Artikel lesen

Google+