27.02.2017

LG Bielefeld: Kein Urheberrechtsschutz für Tweet

Allein der Sprachwitz einer Kurznachricht bei Twitter reicht nicht aus, um Urheberrechtsschutz zu begründen (Beschluss vom 03.01.2017, Az.: 4 O 144/16).

Selten haben es praktizierende Urheberrechtler mit der Schutzfähigkeit von Werken – also mit der Grundlage des Urheberrechtsschutzes – zu tun. Hintergrund ist die geringe Schöpfungshöhe, die es erfordert, um die Schutzfähigkeit zu begründen.

Das Landgericht Bielefeld hat nun zu einem Tweet entschieden, dass dieser die Schöpfungshöhe nicht erreicht hat. Konkret ging es um die bei Twitter genutzte Formulierung „Wann genau ist aus ‚Sex, Drugs & Rock n Roll‘ eigentlich ‚Laktoseintoleranz, Veganismus & Helene Fischer‘ geworden?“. Diesem Text wurde die Eigenschaft als Sprachwerk vor allem deshalb versagt, weil er sich der Alltagssprache bediente. Außerdem werde damit eine allgemein bekannte Redewendung nur schlagwortartigen Begriffen aus dem alltäglichen Sprachgebrauch gegenüber gestellt, was für sich – trotz des Sprachwitzes, der damit verbunden ist – nicht ausreicht. Damit muss derjenige, der sich den Tweet überlegt hat, nun dulden, dass andere den Text vermarkten.

Dies mag für den Verfasser des Tweets unglücklich sein, die Einschätzung des LG Bielefeld ist jedoch überzeugend und steht auch nicht in Widerspruch etwa zur Rechtsauffassung des Landgerichts München I (Urteil vom 08.09.2011, Az.: 7 O 8226/11), das einem zwar ebenfalls kurzen, aber eben nicht sprachüblichen, Ausspruch des Humoristen Karl Valentin die Eigenschaft als Sprachwerk zuerkannte. Anders als bei dem Tweet zeichnete sich Valentins Text gerade durch die Unüblichkeit seiner Formulierung aus. Die schlichte Aussage „Ich wollte, aber ich traute mich nicht“ wurde durch Valentin derart verkompliziert, dass sie zu ihrem Verständnis einer gewissen Interpretation bedarf. Gerade dies zeugt von schöpferischer Individualität und Eigenart, wie sie der Kurznachricht bei Twitter fehlt.

Von: Rechtsanwältin Anja Heller

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