03.12.2013

JDownloader2: LG Hamburg bestätigt Haftung des Geschäftsführers

Der Geschäftsführer einer Firma, die einen unter Open-Source-Lizenz stehenden Downloadmanager anbietet, kann für urheberrechtsverletzende Funktionen dieser Software persönlich als Täter haften. Dies hat das Landgericht (LG) Hamburg mit Urteil vom 29.11.2013 bestätigt. Danach handelt der Geschäftsführer jedenfalls fahrlässig, wenn er keine Vorkehrungen (z.B. Vorabkontrollen) schafft, die verhindern, dass die Software mit einer rechtsverletzenden Funktionalität angeboten wird.

Bereits im April 2013 hatte das Landgericht Hamburg in einem von Rasch Rechtsanwälte betreuten Verfahren die Anbieterin des Downloadmanagers JDownloader2 (A  GmbH) zur Unterlassung der Herstellung, des Besitzes und der Verbreitung der Software in ihrer damaligen Form verurteilt (vgl. News vom 14.06.2013 auf Rasch Rechtsanwälte zu „JDownloader2“). Mit der Software war es möglich, Videos von der Plattform www.myvideo.de herunterzuladen und dauerhaft auf dem eigenen Rechner zu speichern, obwohl diese von MyVideo technisch gegen das Herunterladen geschützt werden. Das Gericht bestätigte – wie zuvor das LG München in einem Verfahren gegen den Dienst „TubeBox“ – dass es sich bei den von MyVideo eingesetzten Schutzmechanismen um wirksame technische Maßnahmen im Sinne des § 95a UrhG handelt und dass JDownloader2 diese rechtswidrig umgeht.

Die A GmbH hatte dann im Mai 2013 eine Abschlusserklärung abgegeben, also auf alle Rechtsmittel verzichtet und die einstweilige Verfügung als endgültige Regelung anerkannt.

Der Geschäftsführer legte hingegen Widerspruch ein und teilte öffentlich mit, es gehe in dem Verfahren um „weit mehr als die Rechtmäßigkeit einer Software zum Download von RTMPE-geschützten Streams“. Das Verfahren betreffe „nämlich ebenso die grundsätzliche Frage, wer in welchem Umfang für OpenSource-Software“ hafte.

Mit dem Widerspruch machte er geltend, von der rechtswidrigen Funktionalität der Software hätten weder er noch Mitarbeiter seiner Firma Kenntnis gehabt. Die Funktion sei durch einen unbekannten Entwickler aus der Open-Source-„Community“ ergänzt worden und lediglich in einem „Nightly Build“, also einer sog. Vorabversion, die lediglich für Testzwecke bestimmt sei, enthalten gewesen. Auch hätten die Voraussetzungen des § 95a UrhG nicht vorgelegen.

Mit dem nun vorliegenden Urteil folgt das LG Hamburg der von Rasch Rechtsanwälte vertretenen Auffassung und verurteilt auch den Geschäftsführer persönlich als Täter zur Unterlassung. Dabei stellt es zunächst fest, dass die A GmbH selbst als Täterin haftet. Eine Haftungsprivilegierung nach dem Telemediengesetz (§§ 8 ff. TMG) komme für sie nicht in Betracht. Zwar liege eine „Open-Source-Entwicklung“ vor, die A GmbH habe sich das Produkt dieser Entwicklung aber zu eigen gemacht. Hierfür spreche, dass die Herstellerin finanziell (durch Werbung) von der Verbreitung der Software profitiert. Ferner hat sie in einem Informationsfenster der Software einen C-Vermerk zu ihren Gunsten angebracht. Hierin liege eine Berühmung hinsichtlich der ausschließlichen Nutzungsrechte an der Software.

Auch der Geschäftsführer haftet für die Rechtsverletzungen nach § 95a UrhG als Täter. Er hatte zwar im Verfahren an Eides statt versichert, von die Integration der beanstandeten Funktionalität nicht veranlasst und von ihr keine Kenntnis hatte. Das Gericht ließ dies jedoch nicht gelten. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs „Sporthosen“ (Az. I ZR 86/83), die eine persönliche Haftung des Geschäftsführers ausschließt, wenn er an der Rechtsverletzung nicht teilgenommen und nichts von ihr gewusst hat, finde hier keine Anwendung. Anders als im Fall „Sporthosen“ wurden nämlich hier die Gesellschaft und ihr Geschäftsführer als Täter, und nicht lediglich als Störer, in Anspruch genommen. In dieser Situation hat das OLG Hamburg wiederholt eine persönliche Haftung des Geschäftsführers auch dann bejaht, wenn dieser keine eigene Kenntnis von der Rechtsverletzung hatte (vgl. OLG Hamburg Az. 5 U 24/01 – Super Mario; Az. 5 U 200/04 – Miss 17).

Das LG Hamburg folgt dieser Rechtsprechung und bejaht eine deliktische Organisationspflichtverletzung des Geschäftsführers. Der Geschäftsführer der A GmbH hätte Vorkehrungen schaffen müssen, durch die verhindert wird, dass die Software (wie geschehen) mit einer rechtswidrigen Funktionalität angeboten wird. Dies könnte z.B. durch Kontrollen vor der Freigabe zum Download erfolgen.

In der mündlichen Verhandlung führte das Gericht hierzu aus, es könne nicht angehen, dass die A GmbH ein Produkt wie den JDownloader2 kommerziell verwerte, sämtliche Fragen der Haftung aber auf die (unbekannte) „Entwickler-Community“ abschiebe. Diesem Ergebnis ist zuzustimmen, spiegelt es doch den allgemeinen Rechtsgedanken wider, dass sich die für die ordnungsgemäße Abwicklung des Geschäftsbetriebs Verantwortlichen nicht dadurch einer Haftung entziehen dürfen, dass sie sich hinter das Handeln solcher Personen zurückziehen, für deren Fehlverhalten sie sich z.B. gem. § 831 BGB exkulpieren können.

Von: Rechtsanwalt Mirko Brüß

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