15.01.2015

Grünes Licht für pöbelnde Politiker

Betrüger Rechtsbrecher, Lügner, Halunke oder Gauner – werden derartige Begriffe im Rahmen des politischen Meinungskampfs genutzt, spricht eine Vermutung für deren Zulässigkeit. Rasch Rechtsanwälte zur Pressemitteilung des Oberlandesgerichtes (OLG) Karlsruhe vom 15.1.2014 (Az.: 6 U 156/14).

Der in einem einstweiligen Verfügungsverfahren ergangenen Entscheidung des OLG Karlsruhe lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der baden-württembergischer Landesvorsitzende und Gründungsmitglied der Partei Alternative für Deutschland/AfD (nachfolgend Kläger) wollte es gerichtlich verbieten lassen, dass ihn der Verfügungsbeklagte (Beklagte), ein ehemaliges Mitglied der AfD, der im Jahr 2013 gelegentlich eines gegen ihn gerichteten Parteiausschlussverfahrens freiwillig die AfD verließ, in einer an Parteimitglieder der AfD adressierten E-Mail als Betrüger, Rechtsbrecher, Halunke, Lügner und Gauner bezeichnet.

In erster Instanz hatte das Landgericht (LG) Baden-Baden dem Beklagten diese Äußerungen untersagt (LG Baden-Baden Urteil vom 29.09.2014 Az.: 4 O 128/14). Beim OLG Karlsruhe hatte der Beklagte mit seiner Berufung jedoch Erfolg. Der für Presserecht zuständige 6. Zivilsenat des OLG Karlsruhe ist entgegen der Ansicht des LG Baden-Baden der Auffassung, dass derartige Begriffe – sofern nur im politischen Meinungskampf verwendet – keine unzulässige Schmähkritik darstellen. Hiervon könne nur ausgegangen werden, wenn das sachliche Anliegen durch die persönliche Kränkung völlig in den Hintergrund gedrängt würde. Dabei dürfen die Äußerungen auch nicht isoliert, sondern im Kontext mit der konkreten politischen Auseinandersetzung betrachtet werden. Der Beklagte habe seine Äußerungen im Zusammenhang mit der von ihm kritisierten Fehlerhaftigkeit der Wahl des Klägers auf den dritten Listenplatz bei der Europawahl sowie die Durchführung des Gründungsparteitags gemacht. Das OLG Karlsruhe meint, dass „bei der gebotenen Abwägung […] eine Vermutung für die Zulässigkeit der beanstandeten Äußerungen [spreche], da sonst die Meinungsfreiheit, die Voraussetzung für einen freien und offenen politischen Prozess sei, in ihrem Kern betroffen wäre.“

Bereits Klaus Kinski wusste – gelegentlich einer Auseinandersetzung zwischen ihm und Werner Herzog sowie dessen Ehefrau am Filmset von „Aguirre“ – zwischen „sich bei der Arbeit gestört fühlen“ und „Privatbeleidigung“ zu differenzieren. Eine Tonaufnahme des Kinski’schen Wutausbruchs soll auf Youtube existieren.

Ob diese Entscheidung Auswirkungen auf das verwendete Vokabular zukünftiger politischer Meinungskämpfe haben wird, bleibt abzuwarten.

Ihr Presserechts-Team bei Rasch Rechtsanwälte.

Von: Rechtsanwalt Werner Jansen

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