31.01.2013

Fernsehen: EuGH zum Recht auf unentgeltliche Kurzberichterstattung

Fallen für den Zugang zu einem Sendesignal keine Kosten an, ist ein Kurzbericht über ein Ereignis mit großem öffentlichen Interesse unentgeltlich. Eine auf die technisch bedingten Aufwendungen beschränkte Kostenerstattung an den Inhaber von exklusiven Übertragungsrechten ist nach Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 22.01.2013 (Az.: C-283/11) mit der Grundrechtecharta vereinbar.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in einer Entscheidung vom 22.01.13 (Az.: C-283/11) klargestellt, dass die Begrenzung eines Entgelts auf lediglich unmittelbar mit der Gewährung des Zugangs zu Ereignissen von großem öffentlichen Interesse verbundenen Mehrkosten unionsrechtlich unbedenklich ist. Sind diese Mehrkosten mit „Null“ beziffert, wird gar kein Entgelt für die Kurzberichterstattung geschuldet. Diese Regelung widerspricht weder der durch die Europäische Charta für Menschenrechte (ECMR) garantierten Eigentumsfreiheit, noch der unternehmerischen Freiheit.

Konkret ging es in dem aus Österreich stammenden Verfahren um die Kurzberichterstattung über Spiele der Fußball Europa-League, für die der Sender Sky Sport Austria exklusive Rechte erworben hatte und über die der öffentlich-rechtliche Sender ORF seine Zuschauer unter Verwendung von Bildmaterial informieren wollte.

Das Recht auf Kurzberichterstattung von Ereignissen von großem öffentlichen Interesse ist in der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste („AVMD-Richtlinie“, 2010/13/EU) in Art. 15 geregelt. Demnach ist bei exklusiv übertragenen Ereignissen anderen Fernsehsendern ein fairer, angemessener und diskriminierungsfreier Zugang zu gewähren. Die Kurzberichterstattung darf allerdings ausschließlich in  allgemeinen Nachrichtensendungen, unter Einhaltung von Fristen für die Ausstrahlung sowie unter Angabe der Quelle des Bildmaterials erfolgen. Die einzelnen Kurzberichte dürfen dabei die Länge von 90 Sekunden nicht überschreiten.

Streit gab es in dem der Entscheidung des EuGH zugrunde liegenden Fall um die Gegenleistung, die der exklusiv übertragende Fernsehsender für die Gewährung des Zugangs zu dem Ereignis verlangen darf. Die Richtlinie sieht in Art. 15 Abs. 6 ausdrücklich vor, dass sofern eine Kostenerstattung vorgesehen ist, diese die unmittelbar mit der Gewährung des Zugangs verbundenen zusätzlichen Kosten nicht übersteigen darf. Im vorliegenden Fall gab es unstreitig keine mit der Zugangsgewährung unmittelbar verbundenen Mehrkosten auf Seiten von Sky.

Im Rahmen des vor dem österreichischen Bundeskommunikationssenat als zuständiger Stelle für entsprechende Auseinandersetzungen geführten Verfahrens, wurde dem EuGH gemäß Art. 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) die Frage vorgelegt, ob die in Art. 15 Abs. 6 AVMD-Richtlinie vorgesehene Entgeltdeckelung mit dem Recht auf unternehmerische Freiheit nach Art. 16 ECMR und der Eigentumsgarantie nach Art. 17 ECMR vereinbar sei. Die Regelung schließe aus, dass der Kurzberichterstatter z.B. an den Kosten des Exklusivrechteerwerbs beteiligt werden könne.

Der EuGH bejahte die Vereinbarkeit. Er führte aus, dass das Kurzberichterstattungsrecht zwar die unternehmerische Freiheit einschränke, weil der Inhaber von Exklusivrechten nicht frei über den Preis für die Weitergabe des Sendesignals entscheiden könne und insbesondere eine Beteiligung etwaiger Dritter an den Kosten des Erwerbs der exklusiven Fernsehübertragungsrechte ausgeschlossen sei.

Der EuGH stellt jedoch fest, dass die in der AVMD-Richtlinie getroffene Entgeltdeckelung das Wesen der unternehmerischen Freiheit nicht antaste. Die unternehmerische Freiheit gelte nicht schrankenlos, sondern sei im Zusammenhang mit ihrer gesellschaftlichen Funktion zu sehen. Das Kurzberichterstattungsrecht diene der Wahrung der durch Art. 11 ECMR geschützten Freiheiten der Information und des Pluralismus durch die Vielfalt der Nachrichten und Programme. Dies stelle ein im Allgemeininteresse der Union liegendes Ziel dar. Die angegriffene Regelung sei überdies auch geeignet und erforderlich zur Erreichung dieses Ziels. Insbesondere sei eine Regelung ohne eine Entgeltdeckelung nicht als gleich milde zu bezeichnen, weil sie möglicherweise die Vielfalt der Information beschränke, wenn dritte Sender mit einer unkalkulierbaren Beteiligung an den Kosten für den Erwerb der Exklusivrechte rechnen müssten. Dadurch werde der Zugang der Öffentlichkeit zu Informationen erheblich eingeschränkt. Die konkrete Ausgestaltung der Kurzberichterstattungsregelungen lasse schließlich keine Unverhältnismäßigkeit im Rahmen der Abwägung von unternehmerischer Freiheit einerseits und Informationsrecht sowie Anrecht auf Pluralismus andererseits erkennen.

Eine Einschränkung der Eigentumsfreiheit sei ebenfalls nicht gegeben. Der Inhaber exklusiver Fernsehübertragungsrechte für Ereignisse von großem öffentlichen Interesse könne sich nicht auf den Schutz durch Art. 17 ECMR berufen, jedenfalls wenn – wie im vorliegenden Fall – der Rechteerwerb nach Inkrafttreten der AVMD-Richtlinie stattgefunden habe. Zwar stellten Fernsehübertragungsrechte vermögenswerte Rechte im Sinne des genannten Grundrechts dar und nicht lediglich bloße kaufmännische Interessen oder Aussichten. Unter den gegebenen rechtlichen Voraussetzungen, die die AVMD-Richtlinie vorgebe, sei jedoch die Ausübung der Eigentumsfreiheit im Hinblick auf Fernsehexklusivrechte von vornherein beschränkt. Dem Inhaber solcher Rechte sei es daher verwehrt, vertragliche Vereinbarungen zu treffen, die über das nach der AVMD-Richtlinie zulässige Maß hinaus gingen, z.B. indem eine Beteiligung an den Kosten für den Erwerb von Exklusivrechten verlangt werde. Insofern erstrecke sich der Schutzbereich der Eigentumsgarantie nicht auf nach dem geltenden Unionsrecht unzulässige vertragliche Vereinbarungen.

Der deutsche Gesetzgeber hat die Vorgaben der AVMD-Richtlinie hinsichtlich des Kurzberichterstattungsrechts in § 5 des Rundfunkstaatsvertrages (RStV) in nationales Recht umgesetzt. Die wesentlichen Vorgaben der Richtlinie zur Ausgestaltung dieses Rechts finden sich auch im deutschen Recht wieder, allerdings enthält der RStV keine ausdrückliche Deckelung der Entgelte, sondern in § 5 Abs. 4, 6 und 7 RStV differenzierte Vorgaben.

Von: Uwe-Christian Klipsch, LL.M.

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