08.08.2016

EuGH: Marktplatzbetreiber haften für Produktfälschungen auf physischen Marktplätzen

Inhaber geistiger Schutzrechte wie beispielsweise Marken- oder Urheberrechte haben durch die direkte Inanspruchnahme des Marktplatzbetreibers nunmehr eine effektive Möglichkeit, gegen Produktfälschungen auf Märkten oder Börsen vorzugehen. Mit Urteil vom 07.07.2016 (C-494/15) hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass die Betreiber physischer Marktplätze unter denselben Voraussetzungen für Rechtsverletzungen Dritter haften wie die Betreiber von Online-Marktplätzen.

Neben der Verbreitung unautorisiert nachgeahmter Ware auf Online-Marktplätzen wie eBay sehen sich Rechteinhaber mit einem beträchtlichen Angebot von Produktfälschungen auf physischen Märkten bzw. Börsen konfrontiert. Die Inanspruchnahme einzelner Händler ist oftmals zeit- und kostenaufwändig; zudem wird die Rechtsdurchsetzung durch mangelnde Kenntnis der persönlichen Daten des jeweiligen Standbetreibers, eventuell ausländischen Wohnsitz oder aber mangelnde Liquidität und damit erfolglose Vollstreckung erschwert. Die direkte Inanspruchnahme des Marktbetreibers stellt damit eine effektive Handlungsalternative für betroffene Rechteinhaber dar, um die Verbreitung von Produktfälschungen wirksam zu unterbinden.


Gegenstand des Ausgangsverfahrens in der Tschechischen Republik war eine Klage mehrerer Inhaber bekannter Marken wie Burberry, Lacoste und Tommy Hilfiger gegen Delta Center. Bei Delta Center handelt es sich um die Mieterin des Marktplatzes „Prager Markthallen“, auf dem einzelne Standbetreiber immer wieder gefälschte Markenprodukte verkauft hatten.


Der EuGH urteilte unter Bezugnahme auf Art. 11 der Richtlinie 2004/48/EG, dass dem Betreiber eines physischen Marktplatzes als „Mittelsperson“ aufgegeben werden kann, von dritten Händlern begangene Rechtsverletzungen abzustellen und darüber hinaus Maßnahmen zur Verhinderung erneuter Verstöße zu treffen. Diese Maßnahmen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein, ohne Schranken für den rechtmäßigen Handel zu errichten. So kann zwar keine generelle und ständige Überwachung der Kunden gefordert, jedoch der Marktbetreiber gezwungen werden, Maßnahmen zur Vermeidung erneuter gleichartiger Rechtsverletzungen durch denselben Händler zu ergreifen.

Von: Rechtsanwältin Dr. Ina Lucas

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