11.04.2014

EuGH: Access-Provider muss urheberrechtswidrige Website sperren

Ein Access-Provider kann dazu verpflichtet werden, eine illegale Website, wie kino.to, für seine Kunden zu sperren. Damit hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) am 27.03.2014 (Az.: C-314/12) eine wegweisende Entscheidung zu Netzsperren wegen Urheberrechtsverletzungen getroffen.

Auf Websites, wie ehemals kino.to, können sich Internetnutzer zahlreiche Filme, Sendungen und Dokumentationen kostenlos per Streaming ansehen und sogar herunterladen. Die Rechteinhaber haben dieser Nutzung zumeist nicht zugestimmt. So blieb es bislang umstritten, ob Anbieter von Internetzugangsdiensten (sogenannte Access-Provider) dazu verpflichtet werden können, den Zugang zu solchen illegalen Websites für ihre Kunden zu sperren.

Der EuGH hat mit einem Urteil vom 27.03.2014 (Az.: C-314/12) nun klargestellt, dass einem Access-Provider die Sperrung von Websites mit urheberechtswidrigen Inhalten auferlegt werden kann. Eine solche Anordnung und ihre Umsetzung haben jedoch in einem Gleichgewicht mit den betroffenen Grundrechten zu erfolgen. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, haben die nationalen Behörden und Gerichte zu prüfen.

UPC Telekabel: Access-Provider sieht sich nicht als Vermittler

In dem konkreten Fall ging es um die deutschsprachige Video-on-Demand Website kino.to und dem österreichischen Access-Provider UPC Telekabel. Auf Antrag der Rechteinhaber von Kinofilmen hatten die österreichischen Gerichte dem Access-Provider untersagt, seinen Kunden einen Zugang zu kino.to zu gewähren. Das deutsche Unternehmen, die Constantin Film Verleih GmbH und die österreichische Wega Filmproduktionsgesellschafts mbH mussten zuvor feststellen, dass auf der Website kino.to einzelne ihrer Filme ohne ihre Zustimmung von Nutzern angesehen und sogar herunter geladen werden durften.

UPC Telekabel hatte gegen diese Entscheidung beim Obersten Gerichtshof (Österreich) Revision eingelegt. Der Access-Provider trug vor, er sei kein Vermittler im Sinne des Art. 8 der Richtlinie 2001/29. Denn seine Dienste seien nicht im Sinne der Europäischen Richtlinie zur Verletzung eines Urheberrechts oder verwandten Schutzrechtes genutzt worden. UPC Telekabel stünde mit den Betreibern von kino.to in keiner Geschäftsbeziehung. Auch sei nicht erwiesen, dass ihre Kunden rechtswidrig handelten. Jede der möglichen Netzsperren könne technisch umgangen werden und einige seien überaus kostspielig.

Der Oberste Gerichtshof hatte beschlossen das Verfahren auszusetzen und dem EuGH den Rechtsstreit zur Vorabentscheidung vorzulegen.

EuGH: Access-Provider sind Vermittler, die Zugang zu illegalen Websites ermöglichen

Der EuGH hat nun dem obersten österreichischen Gericht geantwortet, dass ein Access-Provider an jeder Übertragung einer Rechtsverletzung im Internet zwischen einem seiner Kunden und einem Dritten zwingend beteiligt ist. Denn er ermögliche erst den Zugriff von Internetnutzern auf die öffentlich zugänglich gemachten Schutzgegenstände, wie Kinofilme. „Somit ist ein Anbieter von Internetzugangsdiensten wie UPC Telekabel (…), ein Vermittler, dessen Dienste zur Verletzung eines Urheberrechts genutzt werden“, so der EuGH.

Auch gewähre die Europäische Richtlinie den Rechteinhabern ein hohes Schutzniveau. Damit ein Rechteinhaber gegen einen Access-Provider eine Anordnung erwirken kann, bedürfe es entgegen der Ansicht von UPC Telekabel keines besonderen Verhältnisses zwischen ihm und einem Urheberrechtsverletzer. Auch müsse der Rechteinhaber nicht nachweisen, dass die Kunden von UPC Telekabel tatsächlich auf die geschützten Kinofilme bei kino.to zugegriffen haben. Die Europäische Richtlinie verlange nämlich, dass Verstöße gegen das Urheberrecht oder verwandte Schutzrechte nicht nur abzustellen, sondern vorzubeugen sind. Eine solche vorbeugende Wirkung setzt jedoch die Möglichkeit für ein Tätigwerden der Rechteinhaber voraus, so der EuGH.

EuGH: Anordnung zur Netzsperre mit Grundrechten vereinbar

Die Anordnung zur Netzsperre sei nach Ansicht des EuGH zudem mit den betreffenden Grundrechten vereinbar gewesen. Werde ein Access-Provider jedoch zur Sperrung aufgefordert, dürfe er seinen Internetnutzern nicht „unnötig die Möglichkeit vorenthalten, in rechtmäßiger Weise Zugang zu den verfügbaren Informationen zu erlangen (…)“. Auch sollten nach Ansicht des EuGH die ergriffenen Maßnahmen unerlaubte Zugriffe auf die geschützten Inhalte verhindern oder zumindest erschweren. Internetnutzer sollen zudem davon abgehalten werden auf die rechtswidrig zugänglich gemachten Inhalte, wie Kinofilme bei kino.to, zuzugreifen.

kino.to war eine populäre, deutschsprachige Video-on-Demand-Website für Kinofilme, Serien und Dokumentationen. Nach dem Tätigwerden der deutschen Strafverfolgungsbehörden gegen ihre Betreiber wurde kino.to im Juni 2011 eingestellt. Jedoch existieren zahlreiche Websites mit einem ähnlichen Angebot. Die Entscheidung des EuGH ist für Fälle mit Netzsperren wegweisend.

Pressemitteilung Nr. 38/14, vom 27.03.2014 des Europäischen Gerichtshofes

Von: Sabrina Brameshuber, LL.B.

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