22.01.2014

BVerfG: Bezeichnung als „durchgeknallte Frau“ nicht mehr von Meinungsfreiheit umfasst

Das Oberlandesgericht (OLG) München muss erneut über Äußerungen des „Bild“-Kolumnisten Franz Josef Wagner anlässlich der so genannten Latex-Fotos der Politikerin Gabriele Pauli verhandeln.

Der Kolumnist hatte die Politikerin in einem Artikel vom 03.04.2007 anlässlich einer Fotostrecke, die sie im Januar 2007 in einem Gesellschaftsmagazin abbildete, als „durchgeknallte Frau“ bezeichnet und die Fotos in einen Zusammenhang mit Pornographie gestellt.

Das Bundesverfassungsgericht hielt nun fest, die in den Intimbereich übergreifende Verächtlichmachung der Beschwerdeführerin durch die Beschreibung als „frustrierteste Frau“, die nicht mehr wisse „was wer was ist. Liebe, Sehnsucht, Orgasmus, Feminismus, Vernunft“ und ihre Bezeichnung als in diesem Sinne „durchgeknallt“ sei mit dem Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht mehr vereinbar. Das OLG München habe seinen fachgerichtlichen Wertungsrahmen überschritten, als es die Äußerung als zulässige Meinungsäußerung einstufte. Es habe übersehen, dass die Meinungsfreiheit gem. Art 5 GG ihre Schranken in der persönlichen Ehre finde, die in §§ 823 ff. BGB gesetzlich normiert sei. Die Bezeichnung als „durchgeknallte Frau“ stelle zwar die Zusammenfassung des vorangegangenen Absatzes in der Kolumne dar. Dieser stütze sich jedoch auf Behauptungen, die den innersten Intimbereich der Beschwerdeführerin beträfen, ohne dass dies irgendeinen Tatsachenkern hätte. Damit fänden die gezogenen Schlussfolgerungen keinerlei Anknüpfungspunkt in dem Verhalten der Beschwerdeführerin. Angesichts dessen könne sich die Meinungsfreiheit nicht durchsetzen.

Pauli hatte den Verlag vor dem Landgericht Traunstein und dem Oberlandesgericht München auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch genommen. Das Landgericht gab der Klage hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs statt und wies sie hinsichtlich des Schadensersatzanspruchs ab. In zweiter Instanz wies das OLG München die Klage vollumfänglich ab.

Hinsichtlich weiterer Äußerungen in dem Artikel nahm das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an.

OLG München, Urteil vom 23.10.2012, Az.: 18 U 2334/12 Pre

BVerfG, Entscheidung vom 11.12.2013, Az.: 1 BvR 194/13

Von: Rechtsanwalt Martin Bolm

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